Schwangerschaftsdiabetes: Das sollten Sie wissen

Für viele Frauen ist eine Schwangerschaft die schönste Zeit des Lebens. Die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes trübt da womöglich die Vorfreude und bereitet den werdenden Eltern Sorgen. Frühzeitig erkannt und individuell behandelt, haben die erhöhten Blutzuckerwerte in der Regel keine negativen Auswirkungen auf die Schwangerschaft. Erfahren Sie hier mehr dazu!

Schwangere hält die Hände an den Bauch: Schwangerschaftsdiabetes stellt eine ganz eigene Diabetes-Form dar.

Wie entsteht Schwangerschaftsdiabetes?

Fast 7 Prozent aller Frauen entwickeln im Verlauf ihrer Schwangerschaft einen Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes).1 Medizinisch gesehen liegt ein Schwangerschaftsdiabetes vor, wenn erhöhte Blutzuckerwerte  erstmalig in der Schwangerschaft auftreten. Aber wie kommt es dazu?

Während der Schwangerschaft befindet sich der weibliche Körper im Ausnahmezustand: Insbesondere in der 2. Schwangerschaftshälfte kommt es zu starken körperlichen Veränderungen, welche sich nicht nur beim Stoffwechsel, sondern auch im Hormonhaushalt bemerkbar machen.

Bei Frauen entsteht zu diesem Zeitpunkt eine sogenannte physiologische Insulinresistenz.2 Das bedeutet, dass die Zellen weniger stark auf das vorhandene Insulin reagieren. Der Körper transportiert aufgenommenen Zucker nicht so effektiv wie gewöhnlich aus der Blutbahn in die Zellen. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel etwas an.

 Mehr zu Insulin 

Im Regelfall ist das noch kein Grund zur Besorgnis, da das verbliebene Insulin noch ausreicht, um den Transport der Glukose aus dem Blut in die Zellen zu ermöglichen. In manchen Fällen genügt die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse hingegen nicht und durch den relativen Insulinmangel übersteigt der Blutzuckerspiegel regelmäßig bestimmte Werte. Ein Schwangerschaftsdiabetes liegt vor.

Wie erfolgt die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes?

Schwangerschaftsdiabetes kann sich ungünstig auf den Verlauf der Schwangerschaft sowie auf die Gesundheit von Mutter und Kind auswirken. Aus diesem Grund ist bereits seit 2012 eine dahingehende Vorsorgeuntersuchung Teil der Mutterschaftsrichtlinien.

Zudem liegt seit 2018 eine Leitlinie zu Diagnose, Therapie und Nachsorge bei Schwangerschaftsdiabetes vor, um für ein einheitliches Vorgehen zu sorgen. Auch hier ist fest verankert, dass sich alle Frauen in der Schwangerschaft kostenlos auf Diabetes testen können.4 Liegt der Wert beim 50-g-Suchtest (GCT, kurz für Glucose Challenge Test) über 7,5 Millimol pro Liter, machen die Fachkräfte zusätzlich einen oralen Glukose-Toleranztest (75-g-oGTT).4

Der Suchtest ist einfach durchzuführen und erfordert keine vorgegebene Tageszeit oder nüchternen Zustand der Frau. Er findet im 2. Trimester (zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche) statt.4 Liegen bestimmte Risikofaktoren für die Entstehung eines Schwangerschaftsdiabetes vor, so erfolgt das Screening bereits im 1. Trimester.4

Symptome: So zeigt sich ein Schwangerschaftsdiabetes

Viele Schwangere fragen sich, warum ein Screening auf Schwangerschaftsdiabetes überhaupt notwendig ist, wenn keinerlei verdächtige Symptome  vorliegen.

Genau hier liegt die Schwierigkeit, denn oftmals ist von der Glukosetoleranzstörung zunächst nichts zu spüren. Bei vorliegendem Schwangerschaftsdiabetes treten erst dann ähnliche Symptome wie beim Typ-1  oder Typ-2-Diabetes auf, wenn der Blutzuckerspiegel stark ansteigt.

Ein gesteigertes Gefühl von Durst bleibt oft aus.5Müdigkeit oder Schwäche erklären sich viele als Nebenwirkung der Schwangerschaft. Regelmäßige Kontrollen der Werte sind daher wichtig, um einen Schwangerschaftsdiabetes frühzeitig zu diagnostizieren.

Diabetes erkennen 

Welche Risikofaktoren und Folgen gibt es bei Schwangerschaftsdiabetes?

Bei jeder Frau stellt sich etwa ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft eine Insulinresistenz ein, aber nicht immer entsteht eine Glukosetoleranzstörung. Das Risiko für die Entwicklung eines Schwangerschaftsdiabetes kann sich durch folgende Faktoren erhöhen:4

  • Schwangerschaftsdiabetes in einer vorangegangenen Schwangerschaft
  • Diabetes mellitus bei nahen Familienangehörigen
  • Starkes Übergewicht  (Adipositas)
  • Alter über 35 Jahre
  • Einnahme bestimmter Medikamente (zum Beispiel Blutdrucksenker)
  • Rauchen
  • Asiatische Herkunft

Des Weiteren kann die frühere Geburt eines Kindes mit einem Geburtsgewicht von über 4.500 Gramm ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftsdiabetes darstellen, sodass in der folgenden Schwangerschaft ein Test auf Diabetes dringend angeraten ist.

Sind die Blutzuckerwerte in der Schwangerschaft dauerhaft erhöht, kann sich ein unbehandelter Schwangerschaftsdiabetes nicht nur auf die Gesundheit der Frau, sondern auch auf die des Kindes auswirken.

Um eventuelle Risiken für beide zu vermeiden, ist ein Screening ratsam. Bei einer entsprechenden Behandlung des Schwangerschaftsdiabetes verläuft die Schwangerschaft meist normal und das Kind kommt gesund auf die Welt. Trotzdem handelt es sich um eine Risikoschwangerschaft.

Risiken für das Kind

Ein erhöhter Blutzuckerspiegel der Mutter führt beim heranwachsenden Kind ebenfalls zu einer gesteigerten Insulinausschüttung. Das löst wiederum schon vor der Geburt eine verstärkte Fetteinlagerung aus. Die Folge kann eine sogenannte Makrosomie sein, also die Gewichtszunahme des Fötus bis zu einem Geburtsgewicht von über 4 Kilogramm.

Bleiben die Werte des Schwangerschaftsdiabetes unbehandelt, können für das Kind zusätzlich noch weitere Komplikationen auftreten:7

  • Während des Geburtsvorgangs: Es besteht die Gefahr, dass die Schultern des Babys im Geburtskanal hängenbleiben (Schulterdystokie).
  • Nach der Geburt: Beim Säugling können zum Beispiel Atemprobleme, Unterzuckerung oder eine Neugeborenen-Gelbsucht auftreten.
  • In der Kindheit: Das heranwachsende Kind hat ein erhöhtes Risiko für Übergewicht sowie die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes.

Bei Geburtskomplikationen muss in einigen Fällen sicherheitshalber ein Kaiserschnitt stattfinden.

Risiken für das Kind

Bei den meisten Frauen gehen die erhöhten Blutzuckerwerte nach der Schwangerschaft wieder zurück. Bleiben die Werte jedoch erhöht oder der Schwangerschaftsdiabetes unbehandelt, so kann dies auch Folgen für die betroffene Frau nach sich ziehen. Langfristig besteht nach der Geburt ein gesteigertes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken.8

Und auch während der Schwangerschaft bringt ein unbehandelter Schwangerschaftsdiabetes Risiken mit sich:8

  • Neigung zu Infekten im Harnwegs- und Vaginalbereich
  • Höheres Risiko für Frühgeburten
  • Bluthochdruck
  • Präeklampsie

Weiterhin besteht ein erhöhtes Risiko, bei einer Folgeschwangerschaft wieder vom Schwangerschaftsdiabetes betroffen zu sein.8 Das gilt insbesondere dann, wenn ergänzende Risikofaktoren wie zum Beispiel Adipositas vorliegen. Dann ist die Durchführung des Screenings bereits im 1. Trimester empfehlenswert.

Was kann ich tun, wenn ich Schwangerschaftsdiabetes habe?

Oftmals nehmen Frauen die Symptome des Schwangerschaftsdiabetes gar nicht wahr und die Diagnose kommt plötzlich. Die gute Nachricht ist, dass es heute bei Schwangerschaftsdiabetes erfolgreiche Therapiemöglichkeiten gibt und die meisten Kinder gesund zur Welt kommen.

In vielen Fällen helfen ein verändertes Essverhalten und genügend körperliche Aktivität aus, um zu hohe Blutzuckerwerte in der Schwangerschaft wieder zu normalisieren. Folgende Ernährungsgewohnheiten wirken sich positiv auf die Blutzuckerwerte aus:

  • Vermeiden Sie große Mengen Zucker, beispielsweise in Süßigkeiten oder Softdrinks.
  • Nehmen Sie fettarme Milchprodukte zu sich.
  • Reduzieren Sie Ihren Fleischkonsum (maximal 2 Fleischmahlzeiten pro Woche).
  • Essen Sie so oft wie möglich salzarm oder salzlos.

Lassen Sie sich unterstützen: Ihr Diabetes-Team berät Sie zur alltagstauglichen, individuellen und gesunden Ernährung bei Schwangerschaftsdiabetes.

Ernährung bei Diabetes 

In jedem Fall ist die regelmäßige Kontrolle des Blutzuckers von großer Bedeutung. Hierfür gewinnen Sie zunächst etwas Blut aus der seitlichen Fingerbeere und bringen es auf den Teststreifen des Blutzuckermessgeräts auf. Nach kurzer Zeit zeigt es den momentanen Blutzuckerwert an.10

Geschulte Fachkräfte beraten Sie zur Handhabung eines Messgeräts sowie zur selbstständigen Beurteilung der Werte bei Schwangerschaftsdiabetes. Die Tabelle zeigt, welche Blutzuckerwerte in der Schwangerschaft als Richtwerte gelten:10

Nüchtern nach dem Aufstehen < 95 mg/dl (5,3 mmol/l)
1 Stunde nach Beginn einer Mahlzeit < 140 mg/dl (7,8 mmol/l)
2 Stunden nach Beginn einer Mahlzeit < 120 mg/dl (6,7 mmol/l)

Falls notwendig, kann auch eine Insulintherapie zum Einsatz kommen. Nur ungefähr 1 von 4 Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes benötigt eine Behandlung mit Insulin, um die Blutzuckerwerte während der Schwangerschaft zu senken.



So können Sie Schwangerschaftsdiabetes vorbeugen

Grundsätzlich ist eine leichte Steigerung der Blutzuckerwerte in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft aufgrund des veränderten Stoffwechsels ganz normal. Ein aktiver Lebensstil trägt in Verbindung mit einer abwechslungsreichen Lebensmittelauswahl und einem individuell gesunden Körpergewicht durchaus zur Prävention bei. Frauen mit Kinderwunsch können daher die folgenden Tipps berücksichtigen:

  • Halten Sie Ihr Körpergewicht im gesunden Bereich oder streben Sie diesen an.
  • Bevorzugen Sie komplexe Kohlenhydrate  aus Vollkorn, Gemüse und Hülsenfrüchten.
  • Vermeiden Sie Lebensmittel und Getränke mit Zuckerzusatz und genießen Sie Süßes in Maßen.
  • Wählen Sie möglichst qualitativ hochwertige, wenig verarbeitete Produkte.
  • Trinken Sie in der Schwangerschaft nicht nur bei Durst, sondern regelmäßig ausreichend Wasser.
  • Gestalten Sie Ihren Alltag aktiv und treiben Sie regelmäßig Sport.

Trotz aller guten Vorsätze und Verhaltensweisen kann es vorkommen, dass die Werte ansteigen und sich ein Schwangerschaftsdiabetes entwickelt.

Kohlenhydrate im Überblick 

FAQs: Häufige Fragen und Antworten zum Schwangerschaftsdiabetes

Den Test auf Diabetes in der Schwangerschaft führen Schwangere üblicherweise im 2. Trimester der Schwangerschaft durch. Liegen Risikofaktoren für Schwangerschaftsdiabetes vor, ist ein Test bereits im 1. Trimester sinnvoll.

Früh erkannt, kann Schwangerschaftsdiabetes gut behandelt werden und hat dann in der Regel kaum bis gar keine negativen Auswirkungen. Unbehandelt führt Schwangerschaftsdiabetes unter Umständen zu Komplikationen bei Mutter und Kind.

Auf die Blutzuckerwerte in der Schwangerschaft wirken sich gesunde Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität positiv aus. Das kann dazu beitragen, die Risiken für Schwangerschaftsdiabetes und mögliche unerwünschte Folgen zu verringern.

Quellen

1 Reitzle, L. (2021, June 16). Gestational diabetes in Germany: Development of screening participation and prevalence. Abgerufen am 21. Dezember, von https://edoc.rki.de/handle/176904/8386.

2 Diabetes und Schwangerschaft: Was alles zu beachten ist. Deutsches Ärzteblatt. Abgerufen am 21. Dezember, von https://www.aerzteblatt.de/archiv/159783/Diabetes-und-Schwangerschaft-W….

3 Diabetes mellitus : Screening auf Gestationsdiabetes für alle Schwangere. AerzteZeitung.de. Abgerufen am 21. Dezember, von https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Screening-auf-Gestationsdiabetes-f….

4 AWMF Leitlinienregister. Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Abgerufen am 21. Dezember, von https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/057-008.

5 Schwangerschaftsdiabetes - Was ist das? - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 21. Dezember, von https://www.diabinfo.de/leben/schwangerschaftsdiabetes/krankheitsbild-u….

6 Wie kommt es zu Schwangerschaftsdiabetes? - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 21. Dezember, von https://www.diabinfo.de/leben/schwangerschaftsdiabetes/entstehung-und-r….

7 Schwangerschaftsdiabetes: Folgen für das Kind - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 21. Dezember, von https://www.diabinfo.de/leben/schwangerschaftsdiabetes/risiken-fuer-das….

8 Schwangerschaftsdiabetes: Folgen für die Mutter - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 21. Dezember, von https://www.diabinfo.de/leben/schwangerschaftsdiabetes/risiken-fuer-die….

9 Schwangerschaftsdiabetes – Tipps für werdende Mütter. AOK - Die Gesundheitskasse. Abgerufen am 21. Dezember, von https://www.aok.de/pk/magazin/familie/schwangerschaft/schwangerschaftsd….

10 Schwangerschaftsdiabetes: Wie wird er behandelt? - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 21. Dezember, von https://www.diabinfo.de/leben/schwangerschaftsdiabetes/behandlung.html.