Insulintherapie: Welche Möglichkeiten gibt es?

So komplex die Erkrankung, so vielfältig sind auch die Therapiemöglichkeiten bei Diabetes mellitus. Das Thema Insulintherapien mag für Betroffene und deren Angehörige auf den ersten Blick undurchschaubar und kompliziert wirken. Welche Insulintherapien gibt es und für wen? Was sind die Unterschiede zwischen Pumpe und Pen? Hier finden Sie alle Antworten verständlich erklärt.

Vier Freunde ausgelassen bei Sonnenuntergang: Dank der Insulintherapie ist ihr Alltag wieder flexibler.

Welche Formen der Insulintherapie gibt es?

Allen Diabetes-Formen ist gemeinsam, dass die natürliche Blutzuckerregulation Unterstützung benötigt. Entweder ist die Bauchspeicheldrüse nicht mehr in der Lage, Insulin herzustellen oder die Körperzellen sind gegenüber dem vorhandenen Insulin unempfindlich geworden. Eine Insulintherapie soll die Versorgung durch künstlich zugeführtes Insulin ausgleichen.

Alles über Insulin

Insulintherapien kommen bei Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes zum Einsatz. Ziel ist es, einen HbA1c-Wert zwischen 6,5 und 8,5 Prozent zu erreichen.1 Die Zahl beschreibt den Langzeit-Blutzuckerwert der letzten 8 bis 12 Wochen.1 Durch langfristig möglichst stabile Blutzuckerwerte lassen sich Folgeerkrankungen idealerweise vermeiden.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Insulintherapie – welche das sind, erfahren Sie im Folgenden.

ICT – intensivierte konventionelle Insulintherapie

Die Intensified Conventional Insulin Therapy, kurz ICT, ist die übliche Therapie für Menschen mit Typ-1-Diabetes. Der Begriff lässt sich übersetzen zu intensivierte konventionelle (konservative) Insulintherapie.

Wie funktioniert die ICT-Therapie bei Typ-1-Diabetes?

Bei der intensivierten konventionellen Insulintherapie teilt sich der Insulinbedarf folgendermaßen auf:

  • Basis-/Basalinsulin: Es handelt sich um den Grundbedarf an Insulin, den der Körper zur Erhaltung eines stabilen Blutzuckers benötigt. Er wird durch Injektionen von Verzögerungsinsulin mit langer Wirkdauer abgedeckt.
  • Bolusinsulin: Der Bolus als kurz wirksames Insulin wird zusätzlich zu den Mahlzeiten verwendet. Der Bedarf berechnet sich je nach Therapieschema vor jeder Mahlzeit oder Betroffene injizieren eine festgeschriebene Insulinmenge per Insulinpen oder Spritze.

Was sind die Vor- und Nachteile der ICT?

Zu Beginn mögen Betroffene Bedenken hinsichtlich Blutzuckerwerten, Kohlenhydraten und Insulinpens haben. Die intensivierte konventionelle Insulintherapie bietet für Menschen mit Diabetes aber entscheidende Vorteile:

  • Mehr Flexibilität: Im Gegensatz zu anderen Arten der Insulintherapie können Patient:innen ihre Insulinmenge je nach aktuellem Blutzuckerspiegel, Nahrungsmenge oder körperlicher Betätigung kurzfristig an den Bedarf anpassen und ihren Blutzucker somit deutlich besser einstellen. Die intensivierte Insulintherapie ermöglicht Betroffenen also mehr Freiheiten und einen spontaneren und aktiveren Lebensstil.2
  • Gesundheitliche Vorteile: Durch die bessere Blutzuckereinstellung können Menschen mit Diabetes ihr Risiko für Diabetes-bedingte Folgeerkrankungen, beispielsweise an den Nerven, Augen oder Nieren, senken.3

Allerdings ist die intensivierte Insulintherapie mit vergleichsweise hohem Aufwand verbunden: Insulingaben und auch Blutzuckermessungen müssen mehrmals täglich erfolgen.4 Anders verhält es sich da bei der konventionellen Insulintherapie (CT).

CT – konventionelle Insulintherapie

Bei der konventionellen oder auch konservativen Insulintherapie werden 2 Arten von Insulin als Mischinsulin injiziert:5

  • Schnell wirkendes Normalinsulin
  • Länger wirkendes Verzögerungsinsulin

Die Insulingabe erfolgt 2- bis 3-Mal täglich zu festen Uhrzeiten.6 Die Mahlzeiten müssen Patient:innen dabei dem Wirkverlauf des Insulins anpassen. Der Zeitpunkt und die Kohlenhydratmengen der Mahlzeiten sind bei dieser Therapieform also fest vorgegeben. Die konventionelle Insulintherapie kommt vorrangig bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zum Einsatz.

Wie läuft die CT ab?

Die konventionelle Insulintherapie folgt einem vergleichsweise einfachen Behandlungsschema: Zu festen Tageszeiten bekommen Betroffene eine festgeschriebene Insulinmenge per Insulinpen oder Insulinspritze verabreicht. Die Ernährung muss hierbei optimal auf die Insulinmenge abgestimmt sein, sonst droht Über- oder Unterzuckerung.

Für wen ist die konventionelle Therapie geeignet?

Da die CT wenig Flexibilität im Tagesablauf zulässt und viel Disziplin erfordert, ist sie heute nicht mehr Standard. Sie kommt meist nur noch bei Menschen mit Diabetes zum Einsatz, die nicht mehr in der Lage sind, selbstständig eine intensivierte konventionelle Insulintherapie durchzuführen, zum Beispiel in Alters- und Pflegeheimen.

Entsprechend eignet sich die konventionelle Insulintherapie für Personen mit einem sehr regelmäßigen Tagesablauf. Mahlzeiten, Kohlenhydratmengen und Tagesaktivitäten sollten einem festen Rhythmus folgen, um stabile Blutzuckerwerte zu erreichen.

SIT – supplementäre Insulintherapie

Die supplementäre Insulintherapie ist eine Therapieform für Menschen mit Typ-2-Diabetes, deren Bauchspeicheldrüse noch teilweise Insulin produziert und so die Basisversorgung übernehmen kann. Die Therapie ist für Menschen geeignet, deren Nüchternglukosewerte im Zielbereich liegen, die jedoch nach der Nahrungsaufnahme erhöhte Blutzuckerwerte haben. Diese Patient:innen verabreichen sich ein kurzwirksames Insulin vor den Hauptmahlzeiten, jedoch verwenden sie kein Basalinsulin. Ergänzend kommen blutzuckersenkende Medikamente zum Einsatz.

Praktisch an der supplementären Insulintherapie ist, dass Betroffene ihre Blutzuckerwerte bei Bedarf schnell korrigieren können und keine festen Essenszeiten einhalten müssen. So sind die Insulingaben bequem in den Alltag integrierbar. Allerdings empfinden manche Menschen mit Diabetes die regelmäßigen Blutzuckermessungen vor den Mahlzeiten als einschränkend.

BOT – basal unterstützte orale Therapie

Die basal unterstützte orale Therapie (BOT) richtet sich ebenfalls an Menschen mit Typ-2-Diabetes, bei denen eine Restfunktion der Bauchspeicheldrüse erhalten und somit noch körpereigenes Insulin vorhanden ist.

Bei dieser Therapieform deckt lang wirkendes Insulin, das sich die Betroffenen abends injizieren, den nahrungsunabhängigen Grundbedarf und kann hohen Nüchternblutzuckerwerten am Morgen entgegen wirken.7 Auch hier kommen ergänzend blutzuckersenkende Medikamente zum Einsatz.

Ein Vorteil der BOT ist, dass sich Patient:innen das Insulin täglich nur 1-Mal spritzen müssen und keine weiteren Injektionen nötig sind.7

CSII – Insulinpumpentherapie

Kommt es im Rahmen der Insulintherapie immer wieder zu

  • starken, nicht kontrollierbaren Zuckerschwankungen,
  • hohen morgendlichen Blutzuckeranstiegen (Dawn-Phänomen) oder
  • wiederholt zu schweren Hypoglykämien,

kann die Insulinpumpentherapie helfen, die Werte besser unter Kontrolle zu bekommen. Sie ist auch bekannt unter der Abkürzung CSII (Continuous Subcutaneous Insulin Infusion).


Möglichkeiten der Insulinpumpentherapie

Welche Insulinpumpen gibt es, was sind die Vor- und Nachteile? Hier bekommen Sie einen Überblick!.

Zur Accu-Chek Insulinpumpentherapie


Die Insulinpumpe gibt in kleinen Mengen regelmäßig schnell wirkendes Insulin ins Unterhautfettgewebe des Körpers ab. Zu den Mahlzeiten setzt sie, abhängig von Kohlenhydratmenge und individuellem Blutzuckerspiegel, per Knopfdruck zusätzliches Insulin als Bolus ab. Auch eine zwischenzeitliche Korrektur der Blutzuckerwerte erfolgt auf Knopfdruck an der Pumpe oder mittels Steuergerät.

Insulinpumpen kommen derzeit hauptsächlich bei Typ-1-Diabetes zum Einsatz. Gerade für Kinder, Jugendliche oder Personen mit sehr unregelmäßigem Tagesablauf bieten sie einen großen Mehrwert. Auch für Menschen mit Typ-2-Diabetes und ICT, bei denen anders keine Blutzuckereinstellung im Zielbereich möglich ist, kann die Insulintherapie in Form einer CSII eine sinnvolle Lösung sein.8

FAQs: Häufige Fragen und Antworten zur Insulintherapie

Eine Insulintherapie dient dazu, den Blutzuckerwert zu senken und idealerweise in den Zielbereich zu bringen, um langfristig Folgeerkrankungen zu vermeiden.

Die verschiedenen Arten der Insulintherapie unterscheiden sich darin, welche Insulinarten injiziert werden und wie häufig. Die Aufnahme des Insulins kann über einen Insulinpen (Insulinspritze) oder eine Insulinpumpe erfolgen.

Ja, bei Typ-2-Diabetes können die basal unterstützte orale Therapie oder die supplementäre Insulintherapie infrage kommen, wenn die Bauchspeicheldrüse noch eine Restfunktion hat und blutzuckersenkende Medikamente alleine nicht mehr ausreichen.

Beim Insulinpen müssen Menschen mit Diabetes selbst Hand anlegen und sich das Hormon injizieren. Die Insulinpumpe hingegen ist mit dem Unterhautfettgewebe verbunden und gibt in regelmäßigen Abständen automatisch Insulin an den Körper ab.

Für Kinder ist eine Insulinpumpe sehr gut geeignet, da es für sie noch schwierig ist, dem Körper selbstständig Insulin zuzuführen. Die Insulinpumpe erleichtert durch die beständige Versorgung mit Insulin den Alltag erheblich.

Quellen

1 Typ-2-Diabetes – Wie soll der Blutzucker eingestellt sein? Patienten-Information.de. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.patienten-information.de/patientenblaetter/diabetes-hba1c.

2 Diabetes: Insulintherapie - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.diabinfo.de/leben/behandlung/insulintherapie.html.

3 Formen der Insulinbehandlung. gesundheitsinformation.de. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.gesundheitsinformation.de/formen-der-insulinbehandlung.html.

4 Behandlungsschemata des Diabetes mellitus: Intensivierte Insulintherapie. Deutsches Diabetes-Zentrum Düsseldorf www.ddz.uni-duesseldorf.de. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.diabetes-deutschland.de/archiv/1668.htm.

5 Diabetes: Insulintherapie - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.diabinfo.de/leben/behandlung/insulintherapie.html.

6 konventionelle Insulintherapie (CT). diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.diabetesde.org/ueber_diabetes/was_ist_diabetes_/diabetes_le….

7 Mörkl, M. U. S., Krämer, C. & Mörkl, M. U. S. Basal unterstützte orale Therapie. DocCheck Flexikon. Abgerufen am 4. November 2022, von https://flexikon.doccheck.com/de/Basal_unterst%C3%BCtzte_orale_Therapie.

8 Diabetes: Technische Hilfsmittel - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.diabinfo.de/leben/behandlung/therapie-technik.html.