Leben mit CGM

Kontrolle des Zuckerspiegels vor, während und nach dem Sport

Keine Frage: Bewegung ist gesund! Für Menschen mit Diabetes ist es wichtig, ihre Insulintherapie, die Einnahme von Kohlenhydraten sowie ihr CGM vor, während und nach dem Sport für ihr Diabetesmanagement zu nutzen. Ihre CGM-Lösung hilft Ihnen, Ihren Zuckerspiegel dabei im Blick zu behalten.

Kontrolle des Zuckerspiegels vor, während und nach dem Sport

Nutzen der kontinuierlichen Glukosemessung während des Sports

Ihre CGM-Lösung bietet einen Überblick über Ihre aktuellen Zuckerwerte. Trendpfeile zeigen die voraussichtliche Entwicklung in der unmittelbaren Zukunft an. Diese Funktionen sind besonders nützlich, wenn Sie Sport treiben oder körperlich aktiv sind.

Jeder Körper reagiert anders auf körperliche Aktivität. Daher ist es hilfreich, einige Faktoren zu kennen, die Ihren Zuckerspiegel beeinflussen:

  • die Intensität der Aktivität: aerobes vs. anaerobes Training oder eine Mischform.
  • die Dauer der Aktivität: So haben etwa ganztägige Aktivitäten wie Wandern, Radfahren oder Skifahren oft größere Auswirkungen auf die Senkung des Zuckerspiegels, die noch Stunden nach der Aktivität anhalten, als eine 30-minütige Jogging-Einheit.
  • Ihr Trainingsniveau: Wenn Sie beispielsweise jeden Tag joggen gehen, kennen Ihre Muskeln diese Art der Belastung und sind trainiert. Ihr Körper reagiert aber möglicherweise anders auf ungewohnte Aktivitäten, etwa eine spontane Verabredung zum Squash.

Ihre CGM-Lösung bietet die Möglichkeit, Ihre persönlichen Glukosemuster und -trends zu überwachen. Es ist hilfreich zu sehen, wie Ihr Glukosespiegel auf verschiedene Aktivitäten reagiert. So können Sie bei der nächsten Trainingseinheit besser planen. 

Die nächste Sporteinheit steht an. Wie gehen Sie vor?

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Sie haben hier bereits viel über Sport und Diabetes gelesen und möchten jetzt wahrscheinlich wissen, was Sie vor, während und nach körperlicher Aktivität tun sollten. Vor allem ist es wichtig, während und nach dem Sport eine Unterzuckerung zu vermeiden.

Im Wesentlichen kontrollieren Sie Ihren Zuckerspiegel mit Insulin und Kohlenhydraten. Welche Therapieoptionen Sie in bestimmten Situationen nutzen, hängt von Ihrem persönlichen Diabetesmanagement ab. 

Wenn Sie Sport treiben, um abzunehmen, können Sie die Kohlenhydrate weglassen und Ihre Insulindosis reduzieren, um weniger Kalorien aufzunehmen. Eine reduzierte Insulindosis erfordert jedoch eine gute Planung Ihrer Aktivitäten. 

Eine andere Möglichkeit, besonders wenn Sie ungeplant aktiv sind (z. B. ein Wandertag oder eine Radtour), ist die Aufnahme zusätzlicher Kohlenhydrate als Snack, ohne dafür Insulin zu spritzen. Diese zusätzlichen Kohlenhydrate können das aktivitätsbedingte Absinken des Zuckerspiegels kompensieren. Bedenken Sie jedoch, dass bei dieser Option die zusätzlichen Kohlenhydrate auch zusätzliche Kalorien bedeuten.

  • Messen Sie Ihren Glukosespiegel:
    • Wenn Ihr Zuckerspiegel bereits vor dem Sport niedrig ist (unter 90 mg/dL [5,0 mmol/L]), sollten Sie eine kohlenhydrathaltige Kleinigkeit wie Dextrose oder Fruchtsaft zu sich nehmen (ca. 15 Gramm Kohlenhydrate – ohne Insulin), damit Ihr Blutzucker schnell ansteigt.1
    • Achten Sie auf die CGM-Trendpfeile! Wenn die Werte auf 80 mg/dl (4,4 mmol/L) gefallen sind, wird Folgendes empfohlen:
      - Trendpfeil →    ca. 10 g Kohlenhydrate konsumieren
      - Trendpfeil  ↘    15 g Kohlenhydrate konsumieren
      - Trendpfeil ↓     mehr als 15 g Kohlenhydrate konsumieren7
    • Idealerweise sollte der Zuckerspiegel vor dem Sport zwischen 120 und 180 mg/dL (6,7 und 10,0 mmol/L) liegen.2 Ist dies nicht der Fall, füllen Sie Ihren Glukosespeicher mit komplexen (langsam resorbierbaren) Kohlenhydraten auf. In Kombination mit Proteinen oder Fett erhalten Sie auch bei intensiven oder langen Sporteinheiten einen ausgeglichenen Zuckerspiegel aufrecht. Zum Beispiel:
      • Banane oder Apfel mit Joghurt 
      • Müsliriegel, Schokoriegel
      • Vollkornkekse
      • Käsebrot
    • Menschen mit Typ-1-Diabetes sollten bei einem hohen Zuckerspiegel vor dem Sport (über 240 mg/dL [13,3 mmol/L]) auf Ketone im Blut oder Urin testen.5 
    • Richten Sie die Alarme in Ihrer CGM-Lösung passend zu Ihrer Aktivität ein.

Wenn Sie Sport treiben oder körperlich aktiv sind, brauchen Sie weniger Insulin. Wie können Sie also Ihre Insulintherapie anpassen? 

Hier sind einige Beispiele. Besprechen Sie Ihre individuellen Anpassungen mit Ihrem Diabetesteam. 

  • Planen Sie eine kurze Übungseinheit 1–3 Stunden nach einer Mahlzeit? Dann können Sie das kurzwirksame Insulin der entsprechenden Mahlzeit um 25–75 % reduzieren.2 Beachten Sie dabei Dauer und Intensität, z. B. bei ganztägigen Aktivitäten.
  • Wenn Sie mehr als 3 Stunden nach einer Mahlzeit aktiv werden wollen, hat die vorherige Injektion von kurzwirksamem Insulin keine großen Auswirkungen. In dem Fall kann die Aufnahme zusätzlicher Kohlenhydrate bei niedrigen Glukoseleveln vor dem Start der körperlichen Aktivität sinnvoll sein.2
  • Je nach Art des Insulins für Ihre (Basal-)Versorgung mit langwirksamem Insulin können Sie dieses an Trainingstagen reduzieren. Als Faustregel wird empfohlen, langwirksames Insulin vor ganztägigen Aktivitäten um 20–40 % zu reduzieren.2

Wenn Sie eine Insulinpumpe verwenden, können Sie eventuell vermeiden, einen zusätzlichen Snack zu sich zu nehmen, indem Sie Ihre Basalrate vor und während der Aktivität senken. Wenn Ihr Zuckerspiegel während oder nach dem Sport häufiger abfällt, besprechen Sie dies mit Ihrem Diabetesteam.

  • Überprüfen Sie Ihren Zuckerspiegel regelmäßig, um zu sehen, welche Auswirkungen verschiedene Aktivitäten haben.4 Neben den CGM-Messwerten sollten Sie Ihren Blutzucker auch anhand von Kapillarblut aus der Fingerbeere messen, wenn z. B. Ihr Befinden nicht zum CGM-Messwert passt.
  • Schnell resorbierbare Kohlenhydrate wie Glukose, Limonade oder Fruchtsaft sollten Sie jederzeit griffbereit haben. Mit dieser Art Kohlenhydrate können Sie schnell auf eine Unterzuckerung reagieren.
  • Legen Sie bei mehrstündigen Wanderungen, Radtouren oder anderen Aktivitäten Pausen ein und überprüfen Sie Ihre CGM-Werte regelmäßig. Langsame resorbierbare Kohlenhydrate wie Sandwiches oder Müsliriegel sind für längere Aktivitäten gut geeignet.
  • Je nach Wert können Sie Ihre Glukose auch während der Aktivität anpassen. Für normale Ausdauersportarten (Joggen, Walking, Radfahren) wird als Faustregel die Einnahme von 10- 20 g Kohlenhydrate alle 60 Minuten empfohlen.
  • Umgang mit Risikosituationen: Beim Sport und während langer Aktivitätsphasen kann der Zuckerspiegel zu stark absinken, was zu einer schweren Unterzuckerung führen kann. In einer solchen Situation können Sie möglicherweise nicht mehr richtig reagieren, da Ihr Bewusstsein beeinträchtigt ist. Es ist daher empfehlenswert, ein Notfallset mitzunehmen, das von einer Begleitperson angewendet werden kann. (Glukagon-Kits sind auf Rezept erhältlich und werden entweder gespritzt oder mit einem Nasenspray in die Nase verabreicht.3
  • Ihr Körper reagiert einige Zeit lang empfindlicher auf Insulin. Ihre gewohnte Insulinmenge kann daher den Zuckerspiegel stärker senken als sonst. Gehen Sie mit Bedacht vor, wenn Sie Korrekturen höherer Zuckerwerte mit Insulin berechnen.
  • Denken Sie an das Auffüllen des Glukosespeichers: Während Ihre Muskeln ihre Glukosespeicher wieder auffüllen, sollten Sie  zusätzliche Kohlenhydrate zu sich nehmen und  das Insulin reduzieren – je nach Zuckerspiegel.
  • Nach ganztägigen körperlichen Aktivitäten wird empfohlen, langwirksame Insulinanaloga (z. B. Insulin glargin) um 10–20 % zu reduzieren.2
  • Denken Sie an das Unterzuckerungsrisiko. Überprüfen Sie insbesondere vor dem Schlafengehen noch einmal Ihren Zuckerspiegel. Um eine Unterzuckerung in der darauffolgenden Nacht zu vermeiden, können Sie auch Kohlenhydrate zusammen mit Proteinen oder Fett zu sich nehmen. Auch Proteine und Fette können den Zuckerspiegel langsam erhöhen.
  • Achten Sie auf die CGM-Trendpfeile! Bei einem Zuckerwert von 80 mg/dL (4,4 mmol/L) wird Folgendes empfohlen:
  • Trendpfeil →    ca. 10 g Kohlenhydrate konsumieren
  • Trendpfeil  ↘    15 g Kohlenhydrate konsumieren
  • Trendpfeil ↓     mehr als 15 g Kohlenhydrate konsumieren7

Wenn Sie ein AID-System zur automatischen Insulinabgabe verwenden, können die Empfehlungen abweichen. So wird Ihnen vielleicht geraten, z. B. auf zusätzliche Kohlenhydrate vor dem Sport zu verzichten und stattdessen die Zielwerte für bis zu 12 Stunden erhöht zu halten oder das Mahlzeiteninsulin zu reduzieren.

Besprechen Sie Ihre persönliche Situation mit Ihrem Diabetesteam.

Wie kann ein aktiver Tag aussehen? Diese Abbildung zeigt den Verlauf der Zuckerwerte an einem typischen Tag einer Person mit Typ-1-Diabetes, die sportlich aktiv ist.

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Es erfordert etwas Übung, um sportliche Aktivitäten und einen ausgeglichenen Zuckerwert in Einklang zu bringen. Während Sie sich in das Thema einfinden, kann es hilfreich sein, Ihre aufgenommenen Kohlenhydrate sowie Ihre Insulininjektionen in der App zu dokumentieren, um die Werte später besser einordnen zu können. 

Hoher Zuckerspiegel bei Menschen mit Typ-1-Diabetes

Der Zuckerspiegel kann nach dem Sport nicht nur stark absinken (z. B. auf unter 70 mg/dL [3,9 mmol/L]), sondern er kann auch während oder nach dem Sport ansteigen. Dies ist insbesondere bei intensiven Sportarten der Fall, bei denen Stresshormone (wie Adrenalin) ausgeschüttet werden. Wenn Ihr Körper nicht genug Insulin produziert (wie bei Typ-1-Diabetes), kann er die Glukose nicht in Energie umwandeln. Statt Glukose wird Energie dann aus dem Fettgewebe gewonnen, was zur Entstehung von Ketonen führt.

Messen Sie daher Ihre Ketone, wenn Ihre Zuckerwerte über 240 mg/dL (13,3 mmol/L) liegen.9 Ketone im Blut oder Ketone im Urin weisen auf einen schweren Insulinmangel hin, der mit Insulin korrigiert werden muss, bevor Sie Ihr Muskeltraining beginnen oder fortsetzen. Denken Sie daran: Im Fall eines absoluten Insulinmangels kann der Zuckerspiegel mit körperlicher Aktivität nicht gesenkt werden. 

Quellen:

[1] Sheri R. Colberg, Ronald J. Sigal, Jane E. Yardley, Michael C. Riddell, David W. Dunstan, Paddy C. Dempsey, Edward S. Horton, Kristin Castorino, Deborah F. Tate; Physical Activity/Exercise and Diabetes: A Position Statement of the American Diabetes Association. Diabetes Care 1 November 2016; 39 (11): 2065–2079. https://doi.org/10.2337/dc16-1728 

[2] Esefeld K et al. Diabetes, Sport und Bewegung, Journal Title: Der Diabetologe Publisher: Springer Medizin. Publication Date: 5/2020 Volume: 16 Issue: 3 Pages: 292-299, DOI: 10.1007/s11428-020-00610-1 

[3] American Diabetes Association. Blood Glucose Testing and Management: Hypoglycemia (Low Blood Glucose). Retrieved November 8, 2022, from https://diabetes.org/healthy-living/medication-treatments/blood-glucose…;

[4] American Diabetes Association, Blood Sugar and Exercise. Retrieved May 25, 2022, from https://www.diabetes.org/healthy-living/fitness/getting-started-safely/…;

[5] American Diabetes Association, Exercise & Type 1. Retrieved October 19, 2022, from https://diabetes.org/healthy-living/fitness/exercise-and-type-1 

[6] von dem Berge T et al. Empfehlungen zur Diabetesbehandlung mit automatischen Insulin-Dosierungssystemen. Diabetologie 2022;17: 61-73/ 2021 Thieme 

[7] Moser et al. in: Die Diabetologie 2023; 1: 86; Diabetologia 2020; 63: 2501 

[8] Moser, O., Riddell, M.C., Eckstein, M.L. et al. Glucose management for exercise using continuous glucose monitoring (CGM) and intermittently scanned CGM (isCGM) systems in type 1 diabetes: position statement of the European Association for the Study of Diabetes (EASD) and of the International Society for Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD) endorsed by JDRF and supported by the American Diabetes Association (ADA). Diabetologia 63, 2501–2520 (2020). https://doi.org/10.1007/s00125-020-05263-9 

[9] American Diabetes Association. Diabetes & DKA (Ketoacidosis). Retrieved November 8, 2022, from https://diabetes.org/diabetes/dka-ketoacidosis-ketones 

Für die Erstellung der Inhalte wurden auch folgende Quellen herangezogen:

Thurm U, Gehr B: Diabetes- und Sportfibel, Kirchheim Verlag, 4. Auflage 2018 

Thurm U, Gehr B: CGM- und Insulinpumpenfibel, Kirchheim Verlag, 4. Auflage 2020 

Thomas, Andreas et al. (2019). CGM interpretieren: Grundlagen, Technologie, Charakteristik des kontinuierlichen Glukosemonitorings (CGM) (2. Aufl.). Mainz 

Smart CE, Evans M, O'Connell SM, McElduff P, Lopez PE, Jones TW, Davis EA, King BR. Both dietary protein and fat increase postprandial glucose excursions in children with type 1 diabetes, and the effect is additive. Diabetes Care. 2013 Dec;36(12):3897-902. doi: 10.2337/dc13-1195. Epub 2013 Oct 29. PMID: 24170749; PMCID: PMC3836096.