Diabetes: Unterschied zwischen Ketose und Ketoazidose

 Ketose und Ketoazidose bezeichnen Zustände des Körpers, die unter bestimmten Voraussetzungen eintreten. Bei beiden Formen entstehen sogenannte Ketonkörper. Das sind eigentlich ungefährliche Stoffwechselprodukte, die während Fastenzeiten oder bei einer kohlenhydratarmen Ernährung auftreten. Doch auch bei einem entgleisten Stoffwechsel sind Ketonkörper vermehrt nachweisbar. Deshalb ist es für Diabetiker:innen besonders wichtig, die normale Ketose von der gefährlichen Ketoazidose unterscheiden zu können.

Ausrufezeichen auf zerfallendem Schild: Menschen mit Diabetes sollten bei der Unterscheidung zwischen Ketose und Ketoazidose besonders aufmerksam sein.

Für viele gilt sie als Wunderdiät, mit der man besonders schnell Gewicht verlieren kann: die sogenannte Keto-Diät. Hinter dem Begriff verbirgt sich die ketogene Ernährung als eine Spezialform der Low-Carb-Diät. Wer diesem Konzept folgt, ernährt sich sehr kohlenhydratarm und spart dafür nicht an Fett und Eiweiß. Bekommt der Körper nur wenig Kohlenhydrate, passt sich der Stoffwechsel an und wechselt in den Ketose-Zustand. Spätestens hier schrillen bei vielen Menschen mit Typ-1-Diabetes die Alarmglocken. Denn eine „Ketose“ lässt sich leicht mit einer „Ketoazidose“ verwechseln. Letztere ist eine lebensgefährliche Komplikation, die bei Typ-1-Diabetiker:innen auftreten kann, wenn der Stoffwechsel entgleist. Aber wo genau liegen die Unterschiede zwischen einer Ketose und einer Ketoazidose?

Ketose: Normaler Prozess im Fastenzustand

In beiden Fällen spielen Ketonkörper eine wichtige Rolle.2 Dazu zapft die Leber zunächst die körpereigenen Fettreserven an und gibt die Partikel anschließend für eine schnelle Energiegewinnung frei. Das passiert immer dann, wenn dem Körper gerade keine Glukose aus Kohlenhydraten zur Verfügung steht. Dazu kommt es zum Beispiel, wenn man bewusst die Zufuhr von Kohlenhydraten reduziert – Stichwort Low-Carb-Ernährung. Gleiches passiert, wenn über eine längere Zeit gar nichts gegessen wird: zum Beispiel nachts oder beim Fasten zieht der Körper seine Energie auch aus Ketonkörpern. Dabei bleiben Reste übrig, die der Mensch in Form von Azeton mit dem Urin ausscheidet. Diese Art der Energieversorgung bezeichnen Fachleute als Ketose. Sie ist in der Regel völlig natürlich und harmlos. Manchmal riecht der Atem während der Ketose etwas nach Azeton. In der Anfangsphase einer Ernährungsumstellung treten mitunter Kopfschmerzen auf, da der Körper sich erst einmal an die geänderte Energieversorgung gewöhnen muss.

Tatsächlich mehren sich inzwischen auch in der Ärzteschaft die Stimmen, die sich auch und gerade bei Diabetes für eine kohlenhydratreduzierte oder gar ketogene Ernährung aussprechen.3 Sie verweisen darauf, dass Typ-2-Diabetiker:innen durch eine kohlenhydratreduzierte Ernährung besser abnehmen und weniger Diabetes-Medikamente brauchen. Manche von ihnen brauchen sogar überhaupt keine Insulinzufuhr mehr. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich auch ihre Blutfette nach einer Ernährungsumstellung normalisieren. Betroffene, die einen Herzinfarkt hinter sich haben, können durch ketogene Ernährung ebenfalls zu einer verbesserten Herzfunktion beitragen.4 Somit stellt dieKetose für Befürworter von ketogener Ernährung einen wünschenswerten sowie gesundheitsförderlichen Zustand dar.

Wichtig: Eine Umstellung der Ernährung kann bei Menschen mit Diabetes zu Stoffwechselinstabilitäten führen, wodurch sie ihre Medikation anpassen müssen. Besprechen Sie deshalb das Vorgehen mit Ihrem Diabetes-Team.

Ketoazidose: Schwere Stoffwechselentgleisung

Ganz anders ist die Ketoazidose. Sie ist eine lebensbedrohliche Komplikation, die bei Menschen mit Typ-1-Diabetes eintreten kann. Ausgelöst wird sie immer durch einen starken Insulinmangel.5  Fehlt das Hormon im Körper, kann er keine Glukose mehr verwerten und es kommt keine Energie mehr in die Zellen. Dann schaltet der Organismus um und versucht, seinen Energiebedarf über den Abbau von Fetten zu decken. Hierbei entstehen – wie in Hungerphasen oder bei einer ketogenen Ernährung – ebenfalls Ketonkörper. Ihre Konzentration steigt im Blut jedoch viel stärker an als bei einer einfachen Ketose. Gleichzeitig erhöht der Insulinmangel auch die Blutzuckerwerte. Zusammen mit den Ketonkörpern kommt es zu einer Kettenreaktion, bei der das Blut ungesund übersäuert.6

Betroffene erkennen eine Ketoazidose – neben dem hohen Blutzuckerwert und einem typischen Azetongeruch im Atem – an Warnzeichen wie Unwohlsein und Übelkeit, im Verlauf auch Bauchschmerzen und Erbrechen. Bei diesen Signalen ist ein schnellstmöglicher Ausgleich des Insulinmangels nötig. In Schulungen können Menschen mit Typ-1-Diabetes sich mit den entsprechenden Korrekturschemata vertraut machen. Bleibt der Blutzuckerwert trotz Anpassung auf einem hohen Level oder es kommen Bauchschmerzen und Erbrechen hinzu, ist oft eine stationäre Aufnahme in eine Klinik nötig sowie die Insulin- und Flüssigkeitszufuhr per Venenzugang. Deshalb sollten Außenstehende im Zweifelsfall sofort einen Notarzt alarmieren. Bei zu später Behandlung kann die Ketoazidose ein lebensgefährliches diabetisches Koma auslösen.

Seltene Komplikation bei bestimmten Diabetes-Medikamenten

Wichtig zu wissen: Auch bei bestimmten modernen Diabetes-Medikamenten, den sogenannten SGLT2-Hemmern, kann es in seltenen Fällen zu Ketoazidosen kommen. Diese machen sich allerdings nicht immer durch erhöhte Blutzuckerwerte bemerkbar und auch im Urin sind hier oft keine Ketonkörper nachweisbar.7 Menschen mit Diabetes, die SGLT2-Hemmer zur Blutzuckersenkung einsetzen, sollten diese mögliche Komplikation also im Hinterkopf behalten und bei Verdacht auf eine Ketoazidose umgehend ihre Arztpraxis konsultieren.

So misst man Ketonkörper in Blut und Urin

Es gibt spezielle Ketonmessgeräte mit Messstreifen, die Ketonkörper nachweisen können. Das Prinzip ähnelt dem Verfahren von Blutzuckermessgeräten: Ein Tropfen Blut aus der Fingerbeere reicht schon, um den Ketonwert zu bestimmen. Der normale Ketonspiegel liegt bei unter 0,6 Millimol pro Liter – bei einer ketogenen oder kohlenhydratarmen Ernährung steigt er auf bis zu 3,0 Millimol je Liter an. Werte über dieser Grenze können auf eine diabetische Ketoazidose hindeuten.2 Zusätzlich sind Ketonkörper auch im Urin mithilfe von Teststreifen nachweisbar, der sich entsprechend der Keton-Konzentration verfärbt. Allerdings sind die Ergebnisse sehr ungenau. Außerdem finden sich hier oftmals nur geringe Konzentrationen von höchstens 0,5 Millimol pro Liter, bei denen sich der Teststreifen mitunter gar nicht verfärbt. Enthält der Urin allerdings mehr Ketonkörper, wechselt der Streifen die Farbe, die sich mit einer Farbskala auf der Verpackung abgleichen lässt. Sie ermöglicht eine annähernde Einteilung in gering (+), mittel (++) und stark positiv (+++).


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Quellen

1 Busse, L.: Abnehmen mit der ketogenen Diät, EAT SMARTER, 20.05.21, siehe https://eatsmarter.de/abnehmen/diaeten/ketogene-diaet [Zuletzt abgerufen am 21.10.22].

2 Ketone, Ketonkörper, diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe, siehe https://www.diabetesde.org/ueber_diabetes/was_ist_diabetes_/diabetes_lexikon/ketone-ketonkorper [Zuletzt abgerufen am 21.10.22].

3 Lenzen-Schulte, M.: Gegen Diabetes und Adipositas: Dein Freund, der Ketonkörper, Deutsches Ärzteblatt, 12.10.18, siehe https://www.aerzteblatt.de/archiv/201673/Gegen-Diabetes-und-Adipositas-Dein-Freund-der-Ketonkoerper [Zuletzt abgerufen am 21.10.22].

4 Sefrin, M.:„Ketonkörper sind ein Joker“, diabetologie-online, siehe https://www.diabetologie-online.de/a/forschung-ketonkoerper-sind-ein-joker-2210106 [Zuletzt abgerufen am 21.10.22].

5 Diabetische Ketoazidose, DocCheck Flexikon, siehe https://flexikon.doccheck.com/de/Diabetische_Ketoazidose [Zuletzt abgerufen am 21.10.22].

6 Datz, N.: Die diabetische Ketoazidose, diabetes-online.de, siehe https://www.diabetes-online.de/ausprobiert/a/schulung-die-diabetische-ketoazidose-1994376 [Zuletzt abgerufen am 21.10.22].

7 Moll, D.: SGLT-2-Hemmer im Blick behalten: erneute Warnung vor Ketoazidosen, DAZ.Online, 04.10.18, siehe https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/10/02/sglt-2-hemmer-im-blick-behalten-erneute-warnung-vor-ketoazidosen/chapter:2 [Zuletzt abgerufen am 21.10.22].