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Lebensqualität und der Erhalt der Eigenständigkeit stehen bei älteren Menschen mit Diabetes an erster Stelle. Blutzucker-Normwerteu rücken im Alter in den Hintergrund. Die Blutzuckerkontrolle ist jedoch wichtig zur Vermeidung von Unterzuckerungen. Worauf Sie achten müssen, erfahren Sie hier.
Diabetes im Alter? Es stellt sich die Frage, wann „Alter“ beginnt. Verschiedene Personen schätzen die Grenze unterschiedlich ein. Die Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen unterteilt wie folgt:1
Ab dieser Lebensphase sehen sich Menschen mit Diabetes zunehmend mit weiteren Erkrankungen konfrontiert.
Rund drei Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland sind älter als 65 Jahre.3 Von den über 80-Jährigen ist hierzulande etwa ein Drittel vom Typ-2-Diabetes betroffen.2
Die Diabetes-Diagnose erfolgt entsprechend der Kriterien der Weltgesundheitsorganisation. Sie ist in allen Altersgruppen anhand des Nüchtern- oder Zufalls-Blutzuckers und des Langzeitzuckers HbA1c gleich definiert. Bei älteren Personen wird lediglich auf den oralen Glukosetoleranztest zur Bestätigung verzichtet, um unerwünschte Nebenwirkungen auszuschließen.2
Bei einer Neudiagnose im Alter sollte die Möglichkeit einer Sonderform des Typ-1-Diabetes, des LADA Diabetes, Beachtung finden.
Im fortgeschrittenen Alter ist es besonders wichtig, Unterzuckerungen vorzubeugen. Zum einen erhöhen zu niedrige Blutzuckerwerte ab 60 Jahren das Risiko für einen Sturz, zum anderen sind ältere Personen beim Hinfallen besonders gefährdet.3 Aufgrund von Osteoporose können sie sich beispielsweise leichter ernsthafte Verletzungen zuziehen.
Eine weitere Gefahr bei älteren Personen ab 60 Jahren: Die Wahrnehmung für einen zu geringen Blutzuckerwert im Alter nimmt ab.3 Als Folge merken sie erst zu spät oder gar nicht, dass der Blutzucker in den Keller sackt, und können nicht rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen.
Des Weiteren sind die hormonellen Mechanismen zur Regulation des Blutzuckers im Alter herabgesetzt. Bei tiefen Blutzuckerwerten beginnen die Gegenspieler des Insulins später zu wirken, um den Blutzucker anzuheben.3
Unterzuckerungen spielen möglicherweise eine Rolle bei der Entstehung von Demenz. Sie können so das Risiko für kognitive Beeinträchtigungen erhöhen. Auch bestehen Zusammenhänge mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen.3
Ältere Menschen übersehen häufig Symptome der Unterzuckerung, da sich niedrige Blutzuckerwerte ab 60 Jahren häufig untypisch äußern. Gangunsicherheit, Schwindel, Gedächtnis- oder Koordinationsstörungen sowie eine verwaschene Sprache lassen sich leicht missdeuten.2
Studien zeigten, dass Unterzuckerungen am häufigsten bei einer Behandlung mit Mahlzeiteninsulin, Basalinsulin oder Medikamenten auftreten, welche die Insulinausschüttung anregen (zum Beispiel Sulfonylharnstoffe und Glinide). Bei anderen Diabetesmedikamenten ist das Risiko für Unterzuckerungen deutlich niedriger.2
Wichtig bei Verwendung von Insulin oder insulinausschüttender Medikamente: Sorgen Sie für den Notfall vor und haben Sie immer ein Stück Traubenzucker oder süßen Saft parat.
Die Blutzucker-Normwerte bei Diabetes im Alter unterscheiden sich von denen jüngerer Menschen. Für Personen mit niedrigerem Alter gelten diese Blutzucker-Richtwerte:4
nüchtern |
3,3 bis 5,6 mmol/l (60 bis 100 mg/dl) |
nach dem Essen |
bis 7,8 mmol/l (140 mg/dl) |
Bei Betroffenen ab 60 Jahren empfehlen Geriater:innen (Spezialistinnen und Spezialisten der Altersmedizin) folgende Blutzuckerwerte :5
Außerdem gilt die Faustregel not before seven (nicht vor sieben): Sie besagt, dass erst dann Medikamente eingesetzt werden sollten, wenn der Blutzuckerspiegel im nüchternen Zustand mehrfach über 7 mmol/l (126 mg/dl) liegt.5
Perfekte Blutzuckerwerte müssen ab 60 Jahren nicht immer das A und O der Diabetestherapie sein: Im Fokus steht bei älteren Menschen vielmehr die Lebensqualität, das Vermeiden von Unterzuckerungen und die Unabhängigkeit der Menschen im Alltag.6
Ihre persönlichen Ressourcen und Vorstellungen sollen mit der Erkrankung in Einklang gebracht werden. Was wünschen Sie sich für ihr Leben? Welche Aktivitäten sind Ihnen besonders wichtig? Wie können Sie Ihrem Diabetes im Alltag gerecht werden? Diese Fragen sollten Sie mit Ihrem Diabetesteam besprechen und individuelle Lösungen finden.
Auch in den späteren Lebensjahren unterscheiden sich Menschen unabhängig vom Diabetes in ihrer Fitness sowie geistigen und motorischen Verfassung. Experten teilen ältere Menschen daher in der Diabetes-Therapie in vier Gruppen ein – je nachdem, wie selbstständig sie sich noch in ihrem Alltag bewegen können.2
Zielkorridore statt starrer HbA1c-Ziele lautet hier die Empfehlung. Blutzucker-Normwerte im Alter treten im Gegensatz zur Therapie bei Jüngeren zurück und sind im Zusammenspiel mit allen weiteren Faktoren zu betrachten.
Als „funktionell unabhängig“ gelten ältere Menschen mit Diabetes, die kognitiv und körperlich nur wenig eingeschränkt und körperlich beweglich sind, sodass sie ihren Alltag gut bewältigen können. Für sie wird als Therapieziel ein HbA1c-Wert von 6,5 bis 7,5 Prozent empfohlen, da sie sich noch über mindestens 15 Lebensjahre freuen und so von einer intensiveren Therapie profitieren können.2 Als Blutzucker-Zielwert vor den Mahlzeiten sollten 100 bis 125 mg/dl (5,5 bis 6,9 mmol/l) angestrebt werden.2
Als „funktionell leicht abhängig“ sind ältere Menschen mit Diabetes bei körperlicher sowie kognitiver Einschränkung und geriatrischen Symptomen (zum Beispiel Sturzgefahr) eingestuft. Bei ihnen gilt ein HbA1c-Wert von unter 8,0 Prozent als erstrebenswert, weil sie ein erhöhtes Risiko für Unterzuckerungen aufweisen.2 Der Nüchtern-Blutzuckerwert vor den Mahlzeiten darf daher höher sein: 100 bis 150 mg/dl (5,6 bis 8,3 mmol/l).2
„Funktionell stark abhängig“ sind ältere Menschen mit Diabetes, welche in ihren Alltagsfunktionen körperlich und kognitiv stark eingeschränkt sind und deren Lebenserwartung bereits stark verkürzt ist (beispielsweise wegen einer schweren Erkrankung im Endstadium). Hier liegt das Therapieziel bei einem Hba1c-Wert von unter 8,5 Prozent.2Vor den Mahlzeiten ist ein Blutzuckerwert zwischen 110 bis 180 mg/dl (6,1 bis 10 mmol/l) akzeptabel.2
Hierzu zählen Menschen, die sich in der unmittelbaren Sterbephase befinden und nur noch eine geringe Lebenserwartung von unter einem Jahr haben.2 Bei ihnen geht es vor allem um die Linderung von Schmerzen und anderer Beschwerden.
In der Altersgruppe 60 plus geht die Diabetes-Therapie über die bloße Kontrolle des Blutzuckers weit hinaus. Schließlich kommen im Alter zum Diabetes oft weitere gesundheitliche Probleme wie Osteoporose, Demenz oder Arthrose dazu. Manche Einschränkungen wie zum Beispiel verringertes Sehvermögen können durch die Stoffwechselerkrankung verursacht oder verstärkt sein.
Eine besondere Herausforderung bei Diabetes im Alter sind Begleiterkrankungen und die daraus häufig folgende vielfache Medikamenteneinnahme. Die Diabetes-Therapie gleicht einem Balanceakt: Welche Medikamente vertragen sich miteinander? Welche sollten Sie besser absetzen, um unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden?
Medizinisches Fachpersonal sollte regelmäßig prüfen, ob die Medikamenteneinnahme noch auf dem aktuellen Stand ist. Ein Medikationsplan hilft, den Überblick zu behalten und gegebenenfalls mögliche Wechselwirkungen bei Neuverordnungen auszuschließen.3 Dabei sollten die Wünsche zur Lebensqualität der Senioren und ihre Fähigkeiten zur Selbstversorgung immer Berücksichtigung finden: Keine leichte Aufgabe für alle Beteiligten, diese oftmals gegensätzlichen Anforderungen auszubalancieren.
Tipp bei Diabetes im Alter: Lassen Sie regelmäßig einmal im Jahr Ihre Nierenfunktion (Kreatinin-Wert, glomeruläre Filtrationsrate) prüfen – insbesondere, wenn Sie viele Medikamente einnehmen.
Schulungsprogramme speziell für ältere Menschen mit Diabetes sind ratsam. Gerade, wenn erste körperliche oder geistige Beeinträchtigungen vorliegen, führt die Schulung zu einer besseren Blutzuckereinstellung, gibt Sicherheit im Umgang mit Insulin und verbessert so letztendlich die Lebensqualität.2
Menschen mit Typ-1-Diabetes setzen im Alter die Insulintherapie fort. Bei Typ-2-Diabetes werden sie vielleicht erstmals konfrontiert mit weiteren Therapiemöglichkeiten wie Insulinpen und Broteinheiten, falls Tabletten nicht mehr genügen :3
Je nach persönlichen Ressourcen und Vorlieben variieren die Möglichkeiten der Therapie zur Kontrolle der Normwerte bei Blutzucker im Alter.
Fettstoffwechselstörungen (erhöhte Cholesterinspiegel) und Bluthochdruck kommen häufig bei Menschen mit Diabetes vor. Sie steigern das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Um diese Folgeerkrankungen zu vermeiden, legt das Diabetesteam daher bei älteren Personen ein besonderes Augenmerk auf gute Werte.
Je nach individueller Situation akzeptiert medizinisches Fachpersonal bei älteren Menschen mit Diabetes einen Blutdruck bis 140 zu 85 – bei Vorliegen von Begleiterkrankungen können auch andere Zielwerte vereinbart werden.2 Abhängig von weiteren Risikofaktoren und Erkrankungen ist beim Cholesterin ein LDL Spiegel unter 100 mg/dl (2,5 mmol/l) bis hin zu 70 mg/dl (1,8 mmol/l) ratsam.2
Für viele Menschen mit Diabetes gehören technische Hilfsmittel zum Diabetes-Management längst zum Alltag. Mittlerweile sind sogar Modelle speziell für Ältere auf dem Markt: So gibt es seniorengerechte Blutzuckermessgeräte oder Insulin-Pens. Accu-Chek Instant bietet beispielsweise für typische altersbedingte Einschränkungen Vorteile wie ein großes, beleuchtetes Display und ist einfach in der Handhabung.
Bei der Auswahl von Geräten für ältere Menschen ist darauf zu achten, dass die Stechhilfe ohne Kraftaufwand zu spannen ist, die Nadeln sich gut einsetzen lassen und die Teststreifen gut zu greifen sind.2
Weitere Hilfsmittel, die Ihnen das Leben mit Diabetes im Alter vereinfachen können:2
Diabetes im Alter führt häufig auch zu Fragen der Pflegebedürftigkeit. Achten Sie als Angehörige bei der Auswahl von Pflegeheimen darauf, dass speziell auf Diabetes geschultes Personal in den Heimen arbeitet. Es kennt die besonderen Bedürfnisse von älteren Menschen mit Diabetes. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) bietet für Pflegekräfte viele Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen an.3
1 Was passiert beim Altern?, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, 26.08.20, siehe https://www.gesundheitsinformation.de/was-passiert-beim-altern.html [Zuletzt abgerufen am 08.07.21].
2 S2k-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter, Deutsche Diabetes Gesellschaft, 2018, 2. Auflage, siehe https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/057-017l_S2k_Diabetes_mellitus_im_Alter_2018-09.pdf [Zuletzt abgerufen am 08.07.21].
3 Diabetes im Alter, Helmholtz Zentrum München: Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), 08.11.19, siehe https://www.diabinfo.de/leben/diabetes-im-alltag/alter-und-pflege.html [Zuletzt abgerufen am 08.07.21].
4 Begriff » Glossar » Internisten im Netz » Blutzuckerwert, Berufsverband Deutscher Internisten e.V, IInternisten im Netz, siehe https://www.internisten-im-netz.de/glossar/begriff/blutzuckerwert.html [Zuletzt abgerufen am 08.07.21].
5 Zeyfang, A.:Diabetes im Alter: Umdenken erforderlich. Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) und Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2014; 111(20),6, 2014, siehe https://www.aerzteblatt.de/Archiv/159782/Diabetes-Im-Alter-Umdenken-Erforderlich [Zuletzt abgerufen am 08.07.21].
6 Fachgesellschaft stellt Leitlinie zu Diabetes im Alter vor, Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) und Kassenärztliche Bundesvereinigung, 26.03.19, siehe https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/101946/Fachgesellschaft-stellt-Leitlinie-zu-Diabetes-im-Alter-vor [Zuletzt abgerufen am 08.07.21].