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Unbemerkte Unterzuckerungen: Strategien für eine bessere Hypo-Wahrnehmung

Hypo-Wahrnehmung: Mit niedrigen Zuckerwerten ist nicht zu spaßen

Bei den meisten Menschen mit Diabetes kündigt sich eine Unterzuckerung mit einem flauen Gefühl im Magen, Heißhunger, Zittern oder Schweißausbrüchen an. Doch insbesondere wer schon lange mit Diabetes lebt oder häufiger unterzuckert, spürt manchmal nur noch schwache oder gar keine dieser Symptome. Warum das gefährlich sein kann und wie man die eigene Wahrnehmung von Hypoglykämien wieder verbessern kann, erfahren Sie hier.

Die typischen Symptome einer Hypoglykämie sind zwar lästig, doch sie können lebensrettend sein. Viele Menschen mit Diabetes spüren bereits ab einem Glukosewert von 80 oder 90 mg/dL leichte Symptome einer Hypoglykämie: Der Puls erhöht sich, sie fühlen sich flau, teilweise beginnen ihre Knie zu zittern. Ihr Körper zeigt ihnen damit, dass der Zuckerspiegel in ihrem Blut sinkt und möglicherweise bald eine kritische Grenze erreicht. Es heißt also gegensteuern: Durch die Aufnahme schnellwirksamer Kohlenhydrate (z. B. Traubenzucker, Cola oder Saft) steigt der Blutzuckerspiegel rasch wieder auf einen unkritischen Wert. Ab wann die Anzeichen einer Unterzuckerung einsetzen und ab welchem Wert eine Hypoglykämie tatsächlich gefährlich werden kann, ist individuell unterschiedlich. In Diabetesfachkreisen hat man sich jedoch mittlerweile darauf geeinigt, ab einem Glukosewert von unter 70 mg/dL von einer Hypoglykämie sprechen.1

1. Unter 50 mg/dL fehlt dem Gehirn ausreichend Glukose

Sinkt der Wert auf 60 bis 70 mg/dL, setzt im Normalfall die hormonelle Gegenregulation ein - die Leber schüttet den Gegenspieler des Insulins aus: das Hormon Glukagon, welches Glukosereserven freisetzt und damit den Blutzuckerspiegel wieder ansteigen lässt. Zirkuliert allerdings noch Insulin in der Blutbahn, bleibt dieser rettende Prozess aus.2 Wer sich also bei der letzten Mahlzeit verschätzt und versehentlich zu viel Insulin gespritzt hat, kann sich nicht auf darauf verlassen, dass der Körper es schon selbst richten wird. Der Glukosewert sinkt dann weiter: Unter einem Wert von 50 mg/dL wird das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Glukose versorgt – was sich entsprechend auf die Denkleistung auswirkt. Es ist in dieser Situation kein Verlass mehr darauf, dass Betroffene sich selbst zu helfen wissen und schnell Glukose zu sich nehmen. Sinkt der Glukosewert sogar unter 30 mg/dL, kann es zu Bewusstlosigkeit und Krämpfen kommen – spätestens zu diesem Zeitpunkt ist Fremdhilfe zwingend erforderlich.

2.Wenn Symptome fehlen, empfindet man keine Dringlichkeit

Allerdings verläuft ein Großteil der Hypoglykämien unbemerkt, warnten kürzlich Fachleute bei einem Diabeteskongress.3 Sie werden verschlafen, nicht wahrgenommen oder scheinen keine große Rolle zu spielen. Das ist nicht ungefährlich, denn bei häufigen Unterzuckerungen zeigt der Körper weniger Symptome und setzt auch weniger zuverlässig Glukose aus den Speichern frei.4 Damit verkürzt sich das kritische Zeitfenster, in dem man die Glukosewerte noch ohne Fremdhilfe wieder in einen sicheren Bereich bringen kann. Wenn der Körper keinen Alarm schlägt, beeinflusst das oft auch das Verhalten: „Wenn Symptome fehlen, empfindet man auch keine Dringlichkeit“, warnten die Expert:innen.

3. Psychologische Gründe für ‚Hypo-Surfen‘

Manchmal stecken aber auch psychische Ursachen hinter schweren Unterzuckerungen. Denn nicht alle Menschen mit Diabetes sind immer bereit, auf Symptome zu achten und eine Hypoglykämie rechtzeitig zu behandeln. Wer sich beispielsweise schwer damit tut, seinen Diabetes überhaupt zu akzeptieren, mag sich auch nicht so gerne mit einer Unterzuckerung auseinandersetzen. Dann spürt man vielleicht die Anzeichen einer Hypoglykämie, denkt sich aber „Darauf habe ich jetzt keine Lust“ oder „Es wird schon gutgehen“. Ein anderes Phänomen ist das sogenannte ‚Hypo-Surfen’, das bei Kindern gelegentlich zu beobachten ist: Dann reagieren sie absichtlich nicht auf mildere Anzeichen, sondern warten auf deutlichere Symptome – etwa, weil sie sich einen Vorteil von der Hypoglykämie versprechen, zum Beispiel mehr Aufmerksamkeit der Eltern oder die Erlaubnis, außer der Reihe zu naschen. Ein weiterer Grund für ‚Hypo-Surfen‘ kann aber auch eine übersteigerte Angst vor hohen Glukosewerten und dem damit verbundenen Risiko für Folgeerkrankungen sein. Denn viele Menschen mit Diabetes haben Leitsätze verinnerlicht wie „Wenn ich meine Zuckerwerte nicht niedrig halte, werde ich an Folgeerkrankungen sterben“. Wer nach dieser Devise lebt, empfindet entsprechend nicht Hypoglykämien, sondern nur hohe Glukosewerte als bedrohlich. 

4. Übertriebene Angst vor hohen Werten ist unnötig

Dabei betonen internationale Gremien auf Basis von Studiendaten längst, dass das Risiko für Folgeerkrankungen bereits dann nicht mehr erhöht ist, wenn 70 Prozent der Glukosewerte im Zielbereich von 70–180 mg/dL liegen.5 Die Fachleute zeigten sich daher besorgt über den Trend, in den sozialen Medien Bilder von möglichst niedrigen und flachen Glukosekurven zu posten: Das Streben nach 100 Prozent der Zeit im Zielbereich mit möglichst niedrigen Glukosewerten setzt viele Menschen mit Diabetes unnötig unter Druck und lässt sich zumindest nicht mit dem Vermeiden von Folgeerkrankungen rechtfertigen. Vielmehr erhöht es das Risiko für Hypoglykämien und entsprechende Wahrnehmungsstörungen.

5. Strategien für eine bessere Hypo-Wahrnehmung

Wer Unterzuckerungen zu spät oder sogar gar nicht mehr spürt, muss den Kopf nicht in den Sand stecken: Man kann sich eine verlorene Hypoglykämie-Wahrnehmung wieder neu antrainieren. Dabei können helfen:

  • Spezielle Schulungen, wie sie in vielen Diabetespraxen angeboten werden. So soll z. B. das strukturierte Schulungs- und Behandlungsprogramm HyPOS (Hypoglykämie - Positives Selbstmanagement) Menschen mit insulinbehandeltem Diabetes helfen, Unterzuckerungen wieder besser wahrzunehmen, zu vermeiden und zu bewältigen.6
  • Moderne Diabetestechnik kann ebenfalls dazu beitragen, dass es seltener zu kritischen Unterzuckerungen und damit auch zu Störungen der Hypoglykämie-Wahrnehmung kommt. So können Insulinpumpen die Anpassung der individuellen Basalrate (Grundbedarf an Insulin) erleichtern, sodass es u. a. seltener zu nächtlichen Unterzuckerungen kommt. Auch Systeme die beim Erreichen eines kritischen Schwellenwerts Alarm schlagen, können die Häufigkeit von Hypoglykämien deutlich senken. Es gibt auch Hinweise, dass die Nutzung von Diabetestechnik die Wahrnehmung von Unterzuckerungen verbessern kann.7
  • Psychologische Unterstützung wiederum ist angezeigt, wenn hinderliche Gedanken und Verhaltensweisen dafür verantwortlich sind, dass Hypoglykämien verharmlost oder sogar ignoriert werden. 

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Quellen

1 Unterzuckerung (Hypoglykämie), Diabetesinformationsportal Diabinfo, 31.03.2021, siehe: https://www.diabinfo.de/leben/behandlung/im-notfall/unterzuckerung.html [Zuletzt abgerufen am 16.8.2021]

2 Glykogenolyse, DocCheck-Flexikon, siehe https://flexikon.doccheck.com/de/Glykogenolyse [Zuletzt abgerufen am 16.8.2021]

3 Gemeinsame Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie (AGPD) und der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED), JA-PED 2021, siehe: https://ja-ped.de/ [zuletzt abgerufen am 16.8.2021]

4 Davis MR et al.: Further Defects in Counterregulatory Responses Induced by Recurrent Hypoglycemia in IDDM, Diabetes 1992 Oct; 41(10): 1335-1340. siehe:  https://diabetes.diabetesjournals.org/content/41/10/1335?ijkey=122227ee00f3e5ae2848cb7da2df25c75a4f4e8c&keytype2=tf_ipsecsha, https://doi.org/10.2337/diab.41.10.1335 [zuletzt abgerufen am 16.8.2021]

5 Battelino TJ et al.: Clinical Targets for Continuous Glucose Monitoring Data Interpretation: Recommendations From the International Consensus on Time in Range, Diabetes Care Volume 42, August 2019, siehe: https://care.diabetesjournals.org/content/diacare/42/8/1593.full.pdf, https://doi.org/10.2337/dci19-0028 [zuletzt abgerufen am 16.8.2021]

6 Hypoglykämie Positives Selbstmanagement (HyPOS), siehe: https://www.hypos.de [zuletzt abgerufen am 16.8.2021]

7 Little SA et al.: Recovery of Hypoglycemia Awareness in Long-standing Type 1 Diabetes: A Multicenter 2 × 2 Factorial Randomized Controlled Trial Comparing Insulin Pump With Multiple Daily Injections and Continuous With Conventional Glucose Self-monitoring (HypoCOMPaSS), Diabetes Care 2014; 37: 2114–2122, siehe: care.diabetesjournals.org/cgi/pmidlookup?view=long&pmid=24854041, https://doi.org/10.2337/dc14-0030 [zuletzt abgerufen am 16.8.2021]

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