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Mit Diabetes in den OP: Worauf man bei operativen Eingriffen achten sollte

Der Zuckerstoffwechsel kann sich auf fast alle anderen Körperfunktionen auswirken. Deshalb sollten Menschen mit Diabetes im Vorfeld einer geplanten Operation unbedingt mit dem Behandlungsteam über das Diabetesmanagement vor, während und nach dem Eingriff sprechen. Dann können sie gemeinsam entscheiden, ob z. B. ein Medikament zum OP-Tag abgesetzt oder die Insulinpumpe im OP-Saal abgelegt werden muss.

Über acht Millionen Menschen in Deutschland leben mit Diabetes, Tendenz steigend. Und natürlich kann auch bei ihnen einmal ein operativer Eingriff erforderlich sein. Tatsächlich müssen sich Menschen mit Diabetes statistisch betrachtet sogar 2,4 mal häufiger als die restliche Bevölkerung auf den OP-Tisch begeben1 – sei es wegen Diabetes-Folgeerkrankungen wie Gefäßverengungen oder Schäden an der Netzhaut des Auges. Ob Leistenbruch oder Krampfadern, Kreuzband, handchirurgischer Eingriff oder Schulter-OP – zu einer guten OP-Vorbereitung gehört immer auch die Planung des Diabetesmanagements rund um den Eingriffstag. Denn schließlich sind Narkose und Operation physische und psychische Ausnahmesituationen, die sich auch auf den Glukoseverlauf auswirken können: So schüttet der Körper bei Stress vermehrt Adrenalin aus, das die Wirkung von Insulin hemmt. Der Glukosewert steigt, es wird mehr Insulin benötigt.2 Umgekehrt können Zuckerwerte und Medikamente für Diabetes-Begleiterkrankungen auch das Gelingen der OP beeinflussen: Bei stark erhöhten Glukosewerten etwa steigt die Gefahr für Infektionen und Thrombosen, zudem kann sich die Wundheilung verzögern.3 Menschen mit Diabetes sollten ihre Stoffwechselerkrankung daher unbedingt in allen OP-Vorgesprächen erwähnen und mit dem Behandlungsteam das genaue Vorgehen abstimmen.

Bei der Klinikauswahl auf Diabetes-Expertise achten

Obwohl Diabetes eine so weit verbreitete Erkrankung ist, sind leider nicht alle Krankenhäuser gleichermaßen geschult und erfahren, was die Behandlung von Menschen mit Diabetes angeht. Um die Wahl zu erleichtern, zertifiziert die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) seit 2013 Kliniken mit dem Zertifikat „Klinik für Diabetespatienten geeignet (DDG)“. Sie können über die Internetseite der Fachgesellschaft gesucht werden.4 Mittlerweile haben über 100 Einrichtungen in Deutschland diese Zertifizierung erhalten.

Viele Eingriffe sind heutzutage problemlos ambulant möglich

Zum Glück ist nicht für jede geplante Operation zwingend ein Aufenthalt im Krankenhaus nötig: Kleinere Eingriffe können – auch bei Diabetes – immer häufiger ambulant durchgeführt werden.5 Der Vorteil: Im Anschluss an eine Nachbeobachtungszeit von ein bis zwei Stunden geht es nach der OP auch schon wieder nach Hause, wo in der vertrauten Umgebung und mit der gewohnten Ernährung auch das Diabetesmanagement leichter von der Hand geht.

Wo auch immer die Operation stattfinden soll, benötigt das OP-Team im Vorfeld eine Reihe wichtiger Informationen:

  • Diabetes-Typ, Diabetesdauer und aktuelle Stoffwechselwerte (Langzeit-Blutzuckerwert sowie andere Laborwerte), wie sie z. B. im Gesundheitspass Diabetes dokumentiert werden
  • Aktuelle Therapieform (Medikamente, Insulin, Insulinpumpe, Insulinpen etc.)
  • Möglicherweise bestehende Folgeerkrankungen

Die Wahl des Anästhesieverfahrens und das entsprechende Management des Diabetes hängen von Art, Schwere und Dauer des Eingriffs sowie Diabetes-Typ, entsprechender Therapie und eventuellen Folgeerkrankungen und deren Schwere ab. Folgende Fragen sollten daher im anästhesiologischen OP-Vorgespräch geklärt werden:

  • Was ist bei einer Unterzuckerung zu tun, wenn ab einem gewissen Zeitpunkt vor dem Eingriff keine feste Nahrung mehr erlaubt ist? In der Regel empfehlen Anästhesist:innen für diesen Fall klare zuckerhaltige Getränke (z.B. gezuckerten Tee), die den Magen schnell passieren.

  • Welche Medikamente sollten vor der OP ggf. abgesetzt oder mit anderen Medikamenten überbrückt werden? Dies betrifft vor allem Menschen mit Typ-2-Diabetes, die blutzuckersenkende Tabletten und/oder wegen begleitender Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch blutverdünnende Medikamente einnehmen.6 Aber auch die Insulingabe muss möglicherweise angepasst werden.

  • Welcher Glukosewert ist am OP-Tag anzustreben? „Hauptsache keine Hypoglykämie während der OP“, sagen die meisten Anästhesist:innen. Doch zu hoch sollte der Blutzucker auch nicht steigen. Die besten Voraussetzungen bestehen also bei einer stabilen Stoffwechsellage vor der OP.

  • Wer kontrolliert den Glukoseverlauf während der OP? Keine Panik: Das Anästhesieteam kann in regelmäßigen Abständen den Blutzucker messen und bei Bedarf intravenös Insulin oder Glukose verabreichen.

  • Kann der Glukosesensor oder die Insulinpumpe am Körper bleiben? Je nachdem, in welcher Körperregion operiert werden muss, können Sensor oder Pumpe für die Operation hinderlich sein. Darüber hinaus können haftungsrechtliche oder zulassungsbedingte Vorgaben dazu führen, dass eine Gesundheitseinrichtung Menschen mit Diabetes generell bittet, den Glukosesensor während des Aufenthalts abzulegen. Bei stressbedingten Blutzuckerschwankungen kann es außerdem sein, dass die programmierte Basalrate nicht ausreicht um den Insulinbedarf während der OP zu decken. Es ist also möglich, dass die Insulinpumpe für die Dauer der OP abgelegt werden muss. Alternativ kommt dann beispielsweise ein sogenannter Insulinperfusor zum Einsatz, der dem Körper über einen Venenzugang bedarfsgerecht Insulin zuführt.7

Das gehört am OP-Tag ins Gepäck:

  • Ausreichend Zubehör zur Glukosemessung (Blutzucker-Teststreifen, bei einem mehrtägigen Klinikaufenthalt ggf. Reservesensor für das CGM-System)
  • Alle erforderlichen Medikamente für die Zeit nach dem Eingriff (Insulinpen nebst Ersatzampullen und Pen-Nadeln, bei Pumpentherapie ausreichend viele Ersatz-Katheter, Diabetesmedikamente und ggf. andere benötigte Arzneimittel)
  • Dokumente wie Gesundheitspass Diabetes (ausgefüllt und aktuell!), Befunde und Medikamentenplan
  • Informationen aller Begleiterkrankungen, Allergien etc.
  • Liste mit Kontaktdaten von Hausarzt- und/oder Diabetespraxis sowie Angehörigen
  • Bei ambulanten Eingriffen eine kleine leichte Mahlzeit (belegtes Brötchen o.ä.) um im Aufwachraum den ersten Hunger zu stillen und den Kreislauf zu stabilisieren

Bei der Planung und Vorbereitung einer Krankenhaus-Operation mit Diabetes hilft auch eine Broschüre von DiabetesDE, in der alle wichtigen Informationen zu Ernährung, Medikamenten- und Insulinversorgung etc. zusammengefasst sind. Die Broschüre steht hier online zur Verfügung.

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Quellen

1&6 Gerhard W. Schmeisl: Diabetes und Operationen im Krankenhaus. diabetes-online 25.5.2018, siehe https://www.diabetes-online.de/a/diabetes-kurs-diabetes-und-operationen-im-krankenhaus-1892938 [zuletzt abgerufen am 14.1.2022]

2&3 diabinfo ‚Mit Diabetes ins Krankenhaus: Was muss ich wissen?‘ siehe https://www.diabinfo.de/leben/diabetes-im-alltag/mit-diabetes-im-krankenhaus.html [zuletzt abgerufen am 14.1.2022]

https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/behandlung/zertifizierte-einrichtungen [zuletzt abgerufen am 14.1.2022]

5 Andrea Mayer-Halm, Ambulante Operation bei Diabetes. Apotheken Umschau 1.6.2021, siehe https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/diabetes/ambulante-operation-bei-diabetes-817557.html [zuletzt abgerufen am 14.1.2022]

7 Positionspapier der Deutschen Diabetes Gesellschaft zur Therapie des Diabetes mellitus im Krankenhaus, Stand Mai 2017, siehe: https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/user_upload/06_Gesundheitspolitik/01_Stellungnahmen/2018/
2018_Positionspapier_der_DDG_zur_Therapie_des_DM_im_Krankenhaus_2._revidierte_Fassung
_Dreyer_2017_SV_30052017.pdf
[zuletzt abgerufen am 14.1.2022]

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