Wesensveränderung bei Diabetes: Ursachen und Lösungen

Vielleicht kennen Sie es auch: Gerade war noch heiter Sonnenschein und auf einen Schlag ist die Stimmung hinüber? Im Zusammenhang mit Diabetes treten einige Begleiterscheinungen auf. Dazu gehören von Fall zu Fall auch Stimmungsschwankungen, Verwirrtheit und Aggressionen. Erfahren Sie hier, wie es zu der Wesensveränderung bei Diabetes kommt.

3 Eier sind mit unterschiedlichen Gesichtern und Emotionen bemalt: Sie stehen symbolisch für die Wesensveränderungen bei Diabetes.

Berg- und Talfahrt: Wie zeigen sich Stimmungsschwankungen bei Diabetes?

Menschen mit Diabetes stehen vor vielen Herausforderungen: Das tägliche Blutzuckermessen und der stete Blick auf die Ernährung zehren manchmal sehr an den Kräften. Und auch wenn Sie die Erkrankung im Alltag gut im Griff haben, können Ängste vor Folgeerkrankungen die Psyche zusätzlich belasten.1

Deshalb fühlen sich viele Betroffene häufig gestresst oder niedergeschlagen: Etwa 20 bis 25 Prozent aller Menschen mit Diabetes (Typ-1  und Typ-2) entwickeln im Lauf ihrer Erkrankung eine depressive Verstimmung oder sogar Depression.2

Kommt es zur Unterzuckerung (Hypoglykämie), treten oftmals starke Stimmungsschwankungen auf. Dann ist es besonders wichtig, die Anzeichen von Unterzuckerung bei Diabetes auf Körper und Psyche zu erkennen:3

  • Wesensveränderung
  • Aggression
  • Gewalttätigkeit

Hinzu kommt, dass der Glukosemangel im Gehirn die Selbstkontrolle vermindert.4 Die Hemmschwelle für Gereiztheit sinkt somit, wenn der Blutzuckerspiegel bei Diabetes zu stark abfällt.

Sind Diabetiker:innen launisch, so ist es erst einmal anstrengend für die betroffene Person sowie das Umfeld. Vor allem kommt es in solchen Fällen darauf an, besonders aufmerksam zu sein. Übermäßige Verwirrtheit und schlechte Laune können bei Diabetes genau wie auch Gedankenflucht, Fahrigkeit, Wortfindungsstörungen oder ein ungewohnt hohes Redebedürfnis Anzeichen dafür sein, dass der Blutzucker gefährlich absinkt.5,6

Wichtig zu wissen:

Treten bei einer Person mit Diabetes solche Wesensveränderungen auf, dann achten Sie ergänzend auf die folgenden Symptome für eine mögliche Unterzuckerung:

  • Blässe im Gesicht
  • Kaltschweißigkeit
  • Hohe Herzfrequenz
  • Schwächegefühl
  • Kopfschmerzen
  • Heißhunger

Zusätzlich weisen Nervosität, Ängste und Konzentrationsstörungen darauf hin, dass der Blutzuckerspiegel entgleist.5 Es ist daher von großer Bedeutung für jeden, insbesondere aber für Menschen mit Diabetes, die Anzeichen von Körper und Psyche im Kopf zu haben.

Ursachen: Wie führt Unterzuckerung zu Wesensveränderungen?

Eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) kann bei Typ-1- sowie Typ-2-Diabetes auftreten.1 Sie liegt laut Definition dann vor, wenn der Blutzuckerwert unter 70 Milligramm pro Deziliter absinkt und wird in 2 Schweregrade eingeteilt, die sich auch anhand ihrer psychischen Auswirkungen unterscheiden.7

Alle Infos zur Hypoglykämie

Schweregrade von Unterzuckerung

Bei der leichten Form können Betroffene sich selbst helfen und die körperlichen und psychischen Symptome, wie eine Wesensveränderung bei Diabetes, sind nur schwach ausgeprägt.7 So führt schon der Verzehr von Kohlenhydraten (beziehungsweise Zucker) dazu, dass Stimmungsschwankungen und andere Erscheinungen nachlassen.7

Im Fall der schweren Verlaufsform sind Patient:innen auf Hilfe von außen angewiesen, teilweise sogar auf eine notfallmedizinische Betreuung.7 Doch wie kommt es bei Diabetes zur Unterzuckerung und damit zu den Anzeichen, die sich mehr oder weniger stark ausgeprägt an Körper und Psyche zeigen?

Ursachen für Wesensveränderungen durch Unterzuckerung

Unerwartete Abweichungen im Diabetes-Alltag (wie körperliche Anstrengung oder zu kleine Mahlzeiten) führen mitunter dazu, dass der Blutzucker zu stark absinkt.5 In der Folge entstehen Wesensveränderungen mit Gereiztheit, Verwirrtheit und anderen teilweise sogar lebensbedrohlichen Symptomen.6

Zu den möglichen Ursachen für eine Hypoglykämie zählen:7

  • Sport
  • Zu wenig Kohlenhydrate
  • Überdosiertes Insulin
  • Alkohol
  • Insulin in Muskel gespritzt
  • Blutzuckersenkende Tabletten
  • Schwangerschaft
  • Gewichtsreduktion
  • Klimatische Wärme

Besprechen Sie in solchen Fällen die Insulindosis mit Ihrem Diabetes-Behandlungsteam, um Symptome wie Wesensveränderungen und Schlimmeres zu vermeiden. Wichtig: Die Anzeichen von Körper und Psyche können in unterschiedlicher Art und Intensität auftreten. Daher sollten sich Betroffene besonders bei bekanntem Diabetes aufmerksam selbst beobachten, um im Idealfall schon bei beginnender Unterzuckerung die Veränderungen im eigenen Verhalten zu erkennen.

Was passiert bei Unterzuckerung im Körper? Anzeichen im Verhalten erkennen

Spüren Patient:innen die Symptome einer Hypoglykämie, so nehmen sie letztlich die körperliche Reaktion auf die Mangelsituation wahr. Die Wesensveränderung bei Diabetes entsteht durch die Aktivierung des vegetativen Nervensystems, genauer des Sympathikus.6 Sie zeigt sich durch vermehrte Schweißbildung, höheren Puls oder auch Zittern.6

Das zentrale Nervensystem im Gehirn ist ebenso auf die Versorgung mit Zucker angewiesen und reagiert auf den Mangel mit folgenden Symptomen:6

  • Konzentrationsstörungen
  • Verwirrtheit
  • Stimmungsschwankungen
  • Schwindel

Nicht nur bei bestehendem Diabetes, sondern auch bei stoffwechselgesunden Personen wird bei niedrigem Blutzuckerspiegel unter anderem der Gegenspieler des Insulins ausgeschüttet: Glukagon löst in der Leber die Freisetzung von Glukose aus, sodass der Blutzuckerspiegel wieder auf ein gesundes Maß ansteigt.6

Gut zu wissen:

War der Blutzucker über einen längeren Zeitraum erhöht und sinkt dann wieder auf die Normalwerte, zeigen sich bei manchen Diabetiker:innen ebenfalls Anzeichen von Unterzuckerung wie launisches Verhalten.6 Dieser Zustand wird als Pseudohypoglykämie bezeichnet.6

Extreme Wesensveränderungen: Macht Diabetes depressiv und aggressiv?

Verhaltensänderungen bei Diabetes sind auf vielfältige Art und Weise möglich und belasten sowohl Betroffene als auch deren Umfeld. Konzentrationsstörungen, Gereiztheit und Stimmungsschwankungen kommen genau wie Verwirrtheit bei Diabetes vor, können aber auch ein Hinweis auf einen noch unentdeckten Diabetes oder zu wenig Zucker im Blut sein.

Vorsicht und besondere Aufmerksamkeit ist dann geboten, wenn die Wesensveränderung bei Diabetes extreme Züge annimmt oder wenn der Diabetes mit anderen Erkrankungen, wie beispielsweise Depressionen, einhergeht.1

Depressionen

Stellen Sie selbst oder Personen in Ihrem Umfeld fest, dass Sie vermehrt antriebslos oder traurig erscheinen und treten außerdem Stimmungsschwankungen auf? Dann sollten Sie die Verhaltensänderung unbedingt bei Ihrem Diabetes-Team ansprechen und den Zucker im Blut regelmäßig kontrollieren.

Depressionen oder depressive Verstimmungen sind für sich betrachtet schon ernstzunehmende Erkrankungen, die Betroffene teilweise stark belasten.7 Treten sie jedoch gemeinsam mit Diabetes auf, fällt Betroffenen die Verhaltensänderung, welche für die Behandlung der Stoffwechselstörung nötig ist, noch schwerer.

Hier treffen Welten aufeinander: Symptome wie Antriebslosigkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen stehen den hohen Anforderungen der Diabetes-Therapie mit regelmäßiger Medikation, gesteigerter Aktivität und gut geplanter Mahlzeitengestaltung gegenüber. Diese Situation ist für Patient:innen, die Diabetes und Depressionen sowie die jeweils damit verbundenen Wesensänderungen erleben, oft kaum zu bewältigen. Das gilt nicht nur dann, wenn die Diagnose Diabetes für die depressiven Stimmungsschwankungen verantwortlich ist. Depressionen und Typ-2-Diabetes können auch parallel bestehen, da es gemeinsame biologische Ursachen für beide Erkrankungen gibt.8

Alles über Depression bei Diabetes

Aggressionen

Stimmungsschwankungen, schlechte Laune und Gereiztheit können sich nicht nur bei vorliegenden Stoffwechselstörungen bis hin zur Aggressivität steigern. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Wesensveränderung bei Diabetes infolge von zu niedrigem Zucker auftritt.

Die Reaktionen auf eine eintretende Unterzuckerung sind individuell verschieden und lassen sich nicht an einem bestimmten Wert festmachen. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass Betroffene selbst, aber auch Personen im Umfeld, wie Partner:innen und Kolleg:innen, über den Diabetes informiert sind und dem/der Patient:in mitteilen, wenn sie ungewohnte Verhaltensänderungen wahrnehmen.

Aufgepasst:

Der Diabetes selbst macht zunächst nicht aggressiv. Doch manche Personen reagieren im Fall einer Hypoglykämie besonders impulsiv und wehren sich von Fall zu Fall auch körperlich gegen Hilfsangebote.8

Es kann vorkommen, dass Betroffene eine Art Filmriss erleiden und sich nicht an die teilweise extremen Wesensveränderungen erinnern, die während einer Hypoglykämie auftreten.9 Wenn bei einer Ihnen nahestehenden Person Diabetes diagnostiziert wurde, dann besprechen Sie schon vorher, dass das Verhalten bei Unterzuckerung keinesfalls persönlich gemeint ist. Besuchen Sie zum Beispiel gemeinsam eine Diabetes-Schulung, um sich über die mögliche Verhaltensänderung aufklären zu lassen und Handlungsoptionen zu besprechen.

Wesensveränderung bei Diabetes vorbeugen

Um Verhaltensänderungen durch Diabetes von vorneherein zu vermeiden, sollten Sie unbedingt einer Unterzuckerung vorbeugen. Dabei handelt es sich um aktive Notfallprophylaxe. Denn eine Hypoglykämie ist, vor allem in ihrer schweren Form, ein medizinischer Notfall.5

Mögliche Handlungsoptionen, um gar nicht in die Unterzuckerung zu kommen:

  • Wirkung auf den Blutzucker bei Mahlzeitenplanung berücksichtigen
  • Ballaststoffreich essen; stark zuckerhaltige Lebensmittel meiden
  • Bewegung und Sport in den Alltag integrieren
  • Regelmäßig Blutzuckerwerte kontrollieren
  • Tagebuch über Verhalten und Reaktionen führen

Bauen Sie sich zusätzlich ein Netzwerk auf und scheuen Sie sich nicht, mit den Personen in Ihrem Umfeld über Ihre Erkrankung und die damit einhergehenden Bedürfnisse zu sprechen.

Quellen

1 Diabetes Gehirn und Psyche. Helmholtz Zentrum München. Abgerufen am 15. November 2022, von https://www.diabinfo.de/leben/folgeerkrankungen/gehirn-und-psyche.html.

2 Herausforderung Pubertät. Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH. Abgerufen am 15. November 2022, von https://www.pharmazeutische-zeitung.de/herausforderung-pubertaet-115449….

3 Aggressivität und Gewalttätigkeit können Anzeichen einer Unterzuckerung sein. diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.diabetesde.org/pressemitteilung/aggressivitaet-gewalttaetig….

4 Hwang, J. J., Parikh, L., Lacadie, C., Seo, D., Lam, W., Hamza, M., Schmidt, C., Dai, F., Sejling, A. S., Belfort-DeAguiar, R., Constable, R. T., Sinha, R. & Sherwin, R. (2018). Hypoglycemia unawareness in type 1 diabetes suppresses brain responses to hypoglycemia. Journal of Clinical Investigation, 128(4), 1485–1495. https://doi.org/10.1172/jci97696.

5 Über- und Unterzuckerung bei Typ-2-Diabetes. Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.gesundheitsinformation.de/ueber-und-unterzuckerung-bei-typ-….

6 Hypoglykämie - Eine unterschätzte Gefahr? Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-352012/hypoglykaemie-ein….

7 „Diabetes Gehirn und Psyche“. Diabinfo.de, https://www.diabinfo.de/leben/folgeerkrankungen/gehirn-und-psyche.html. Zugegriffen 4. November 2022.

8 Aggressivität und Gewalttätigkeit können Anzeichen einer. diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe. Abgerufen am 16. November 2022, von https://www.diabetesde.org/pressemitteilung/aggressivitaet-gewalttaetig….