Welchen Effekt hat Krafttraining bei Menschen mit Diabetes?

Bewegung ist gesund und eignet sich vorzüglich, um die individuelle Diabetes-Therapie zu unterstützen. Ausdauertraining wie Schwimmen, Radeln oder Laufen stehen hoch im Kurs, von Krafttraining ist seltener die Rede. Zu Unrecht – denn die Wirkung ist ähnlich blutzuckersenkend.1 Lesen Sie hier mehr rund um Fitness und Muskelaufbau bei Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes.

Frau mit Diabetes hebt Gewicht, um ihr Krafttraining auszuüben.

Ausdauer- oder Krafttraining: Welcher Sport eignet sich bei Diabetes?

In der Regel lauten die ersten Maßnahmen für Personen mit Prädiabetes oder Typ-2-Diabetes: Ernährung  umstellen und viel Bewegung. Ausdauertraining durch Sportarten wie Joggen, Walken, Radeln oder Schwimmen gehört hier vollkommen zu Recht zum Standard-Repertoire. Aber auch Kraftsport hat seine Vorteile. Eine Kombination aus beidem ist in den meisten Fällen die beste Lösung.2

Die Ziele von Sport sind stets identisch:3

  • Gesundes Körpergewicht erreichen
  • Diabetesbedingte Folgeerkrankungen verhindern/reduzieren (zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Nervenschädigungen)

Alles zu Sport bei Diabetes 

In der Diabetes-Therapie galt Krafttraining wegen des Blutdruckanstiegs lange als gefährlich für das Herz.2 Mittlerweile ist das anders: Laut einer Studie kann regelmäßiges Krafttraining den HbA1c-Wert um etwa 0,6 Prozent senken – und so das Risiko für Folgeerkrankungen an Nieren oder Augen deutlich verringern.2 Krafttraining weist damit eine ähnlich hohe Wirksamkeit wie Ausdauertraining auf.2

Der Grund liegt auf der Hand: Mehr Muskeln verbrauchen mehr Energie und die Zellen verstoffwechseln mehr Glukose.4 Die Insulinsensitivität (Reaktion des Körpers auf Insulin) steigt und der Blutzuckerspiegel sinkt.4 Daneben kurbeln Muskeln die Fettverbrennung an, was wiederum dabei helfen kann, überflüssige Pfunde loszuwerden.4

Übrigens:

Gerade im Alter bietet Krafttraining eine gute Möglichkeit, um fit zu bleiben, wenn Ausdauersport aufgrund von anderen Erkrankungen unmöglich geworden ist.

Lässt sich durch Krafttraining Diabetes vorbeugen?

Krafttraining ist auch für Menschen ohne Diabetes sinnvoll. Schon ab Anfang 30 produziert der Körper weniger Hormone und der Stoffwechsel verlangsamt sich zunehmend.5 Außerdem baut der Organismus dann etwa 1 Prozent Muskelmasse pro Jahr ab.6 Es folgt häufig eine Zunahme an Körpergewicht, obwohl die Essgewohnheiten gleich bleiben. Rückenleiden und schmerzende Gelenke kommen oft hinzu.

Genügend Bewegung und gezieltes Krafttraining können den Körper nicht nur fitter machen, sondern auch einen entscheidenden Risikofaktor für Diabetes reduzieren: Übergewicht. Trainieren Sie dafür etwa 3-mal wöchentlich alle großen Muskelgruppen.2 Dabei ist es als Ziel empfehlenswert, jede Übung mit 8 bis 10 Wiederholungen und davon 3 Durchgänge zu schaffen.2 Je nach persönlicher Leistungsfähigkeit sollten Sie die Intensität an Ihre individuellen Bedürfnisse anpassen. Lassen Sie sich zum Beispiel im Fitnessstudio von Expert:innen beraten, welche Übungen für Sie sinnvoll sind.

Kombinierte Übungen für optimalen Trainingseffekt

Eine Mischung aus Ausdauer- und Kraftübungen eignet sich besonders, um die körperliche Gesundheit zu unterstützen.

Krafttraining bei Diabetes: Was gibt es zu beachten?

Menschen mit Diabetes müssen beim Krafttraining achtsam sein: Gerade für Anfänger:innen ist es ratsam, vor, während und nach dem Workout den Blutzucker zu messen, damit der Stoffwechsel stabil bleibt.



Um im Notfall bei einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) gewappnet zu sein, machen sich Traubenzucker, Reiswaffeln oder eine kleine Banane als Hypo-Helfer in jeder Sporttasche gut.

Insbesondere ungewöhnlich lange und ungeplante sportliche Aktivitäten ohne Zwischenmahlzeiten belasten den Organismus nämlich mitunter stark. Zum Beispiel kann eine zu hoch eingestellte Insulindosis bei Menschen mit Typ-1-Diabetes dazu führen, dass der Körper den aufgenommenen Zucker während der Übungen zum Muskelaufbau schneller verwertet als normalerweise. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel ab.

Alle Infos zur Hypoglykämie 

Durch den sogenannten Muskelauffüll-Effekt kommt es manchmal noch etwa 14 Stunden oder bei besonders großer Anstrengung sogar am Tag nach dem Workout zu einer Unterzuckerung.4,7 Deswegen ist ein erneutes Blutzuckermessen vor dem Schlafengehen sehr wichtig. Kontinuierliche Glukosemessung mittels CGM-System kann hier für Sportler:innen mit Diabetes eine gute Wahl sein.

Trainingsplan zum Muskelaufbau für Typ-2-Diabetiker:innen

Bevor Sie sich gleich ans Tür-Reck hängen oder im Fitnessstudio anmelden, ist ein Besuch bei Ihrem/Ihrer Ärzt:in ratsam. Zwar lässt sich Krafttraining auch mit Diabetes in so gut wie jeder physischen Verfassung nachgehen. Dennoch sollten Sie vorher Ihre eigene Fitness kennen. Der/die Mediziner:in kann beispielsweise einen Belastungstest durchführen und dadurch die Herzaktivität messen. So legen Sie die Grundlagen und tüfteln bestenfalls bereits gemeinsam die ersten auf Typ-2-Diabetiker:innen abgestimmten Übungen für einen Trainingsplan aus. Die ärztlichen Empfehlungen helfen, anschließend die passenden Sportangebote zu finden.

Gerade zu Beginn lohnt es sich, Sportkurse mit Anleitung zu besuchen. Neben Fitnessstudios bieten auch Gesundheitspraxen oder Volkshochschulen entsprechende Stunden an. Die aufbauenden Worte durch den/die Trainer:in können außerdem für eine zusätzliche Portion Motivation sorgen und so bei einem hartnäckigen Schweinehund Wunder wirken.

Wussten Sie schon?

Manche Fitnesseinrichtungen bieten bei Bedarf sogar spezielle Sportangebote für Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 an. Vielleicht fällt Ihnen das Krafttraining leichter, wenn Sie mit Gleichgesinnten an Ihrer Fitness arbeiten.

Wichtig: Eins nach dem anderen. Beginnen Sie damit, die eigenen Leistungsgrenzen auszuloten. Anschließend erarbeiten Sie Schritt für Schritt den für Sie passenden Plan zum gezielten Muskelaufbau. Am besten ist es, wenn Ihr:e Trainer:in sich mit Typ-2-Diabetes auskennt. So lässt sich unter anderem abwägen, ob Ausdauertraining neben dem Krafttraining Teil des Trainings sein soll. Falls Sie noch auf der Suche nach der richtigen Sporteinrichtung sind, hat vielleicht auch Ihr Diabetes-Team hilfreiche Tipps. Fragen Sie doch mal nach!

Einen allgemeingültigen optimalen Plan für Krafttraining bei Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 gibt es nicht. Die Übungen müssen keinesfalls nur mit Hanteln und anderen Gewichten zu tun haben, denn das eigene Körpergewicht reicht in vielen Fällen vollkommen aus, um die Fitness zu steigern.1 Das Training sollte möglichst alle großen Muskelgruppen (Beine, Arme, Rücken, Brust, Bauch und Schultern) ansprechen.

Übrigens:

Viele Hochschulen und Sportvereine bieten Krafträume oder sogar Fitnesskurse an, die manchmal günstiger sind als eine Fitnessstudio-Mitgliedschaft. Also einfach mal schlau machen!

Wer geschlossene Räume oder Fitnesskurse weniger mag, kann dem Krafttraining natürlich auch im Freien oder selbstständig zu Hause nachgehen, etwa mit Körpergewichtsübungen oder Yoga. Gerade Online gibt es zahlreiche Videos zum Nachmachen und somit ein breites Spektrum an frei verfügbaren Übungen. Um eventuellen Fehlbelastungen vorzubeugen, ist es allerdings ebenfalls sinnvoll, unter professioneller Obhut zu beginnen.

Warum ist Muskelaufbau bei Menschen mit Typ-1-Diabetes wichtig?

Betroffene von Typ-1-Diabetes sind auf Insulin angewiesen, um den Blutzuckerspiegel auf einem konstanten Niveau zu halten. Bei gezieltem Krafttraining zum Muskelaufbau arbeiten die Muskeln verstärkt. Das erhöht die Wirkung des Insulins und der Insulinbedarf sinkt.4 Durch regelmäßige sportliche Aktivität lässt sich deshalb sogar Insulin einsparen.4

Menschen mit Typ-1-Diabetes müssen beim Muskelaufbau sowie beim Ausdauertraining trotz der möglichen positiven Effekte stets vorsichtig sein: Denn es kann zu gefährlichen Unterzuckerungen (Hypoglykämien) oder in seltenen Fällen durch Stresshormon-Ausschüttung zu Hyperglykämien mit einer Übersäuerung (Ketoazidose) kommen.4 Besprechen Sie Ihre sportlichen Pläne deshalb immer mit Ihrem/Ihrer Ärzt:in oder Ihrem Diabetes-Team, um die Insulintherapie darauf abzustimmen. So lassen sich starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels vermeiden und Sie können sich auch mit Typ-1-Diabetes ohne Probleme Ihrem Muskelaufbau widmen.

Weitere Tipps für mehr Sicherheit beim Sport:

  • Kontrollieren Sie vor, nach und während dem Training Ihre Blutzuckerwerte.
  • Haben Sie immer schnelle Kohlenhydrate bei sich, wie etwa Saft oder Glukosegel
  • Informieren Sie gegebenenfalls Ihr Umfeld über Ihren Typ-1-Diabetes und erklären Sie, was bei einer Unterzuckerung zu tun ist.

So sind Sie auf mögliche Unterzuckerungen optimal vorbereitet.

Quellen

1 Mit Ausdauersport und Krafttraining Blutzucker dauerhaft senken. diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe. Abgerufen am 25. Januar 2023, von https://www.diabetesde.org/pressemitteilung/ausdauersport-krafttraining….

2 König, D., Deibert, P., Dickhuth, H.H., & Berg, A. (2011). Krafttraining bei Diabetes mellitus Typ 2. Deutsche Zeitschrift Für Sportmedizin, 62(1), 5–9. https://www.germanjournalsportsmedicine.com/fileadmin/content/archiv201….

3 Diabetes Typ 1 und Sport - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 26. Januar 2023, vohttps://www.diabinfo.de/leben/typ-1-diabetes/diabetes-im-alltag/sport.h….

4 Bewegung und Sport bei Diabetes mellitus. Die Techniker. Abgerufen am 26. Januar 2023, von https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-med….

5 Endlich 30: warum dieses Alter so toll sein kann. AOK - Die Gesundheitskasse. Abgerufen am 26. Januar 2023, von https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/psychologie/endlich-30-war….

6 Muskelschwund im Alter: Symptome und Hilfe. AOK - Die Gesundheitskasse. Abgerufen am 26. Januar 2023, von https://www.aok.de/pk/magazin/sport/fit-im-alter/muskelschwund-im-alter….

7 IDAA Deutschland e.V. Sport und Diabetes | IDAA Deutschland. IDAA Deutschland: Sport mit Diabetes ist möglich! Abgerufen am 26. Januar 2023, von https://www.idaa.de/sport-und-diabetes/.