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Mahlzeiten planen, Kohlenhydrate abschätzen, Insulineinheiten berechnen – wer mit Diabetes lebt, muss sich mehr Gedanken ums Essen machen als andere Menschen. Für manche wird die notwendige Beschäftigung allerdings zum Zwang oder gar zu einer psychischen Erkrankung. Es gibt verschiedene Formen von Essstörungen, die bei Typ-1- ebenso wie bei Typ-2-Diabetes vorkommen können.
Diabetes und Essen gehören untrennbar zusammen. Denn schließlich ist bei der Stoffwechselerkrankung – ganz unabhängig vom Diabetestyp – die Fähigkeit des Körpers gestört, Kohlenhydrate zu verwerten. Deshalb kommen Menschen mit Diabetes nicht darum herum, sich grundlegend mit ihrem Essverhalten und der Zusammensetzung ihrer Mahlzeiten auseinandersetzen. Aber auch das Körpergewicht ist ein zentrales Thema in der Diabetestherapie.
So verlieren Menschen mit Typ-1-Diabetes vor der Diagnose oft rapide an Gewicht, weil ihrem Körper das notwendige Insulin fehlt, um Glukose in die Zellen zu transportieren. Er muss für die Energieversorgung dann die Fettreserven anzapfen – mit der Folge, dass Menschen mit Typ-1-Diabetes oftmals sehr dünn sind, wenn ihre Erkrankung festgestellt wird. Dass sie mit Start der Insulintherapie wieder zunehmen, gefällt nicht allen von ihnen. Menschen mit Typ-2-Diabetes wiederum wird bei ihrer Diagnose in der Regel empfohlen, ihre Ernährung umzustellen, sich mehr zu bewegen und ihr Gewicht zu reduzieren.
Wer sich im Alltag derart intensiv mit dem Thema Ernährung und Körpergewicht beschäftigen muss, ist bei seelischen Problemen unter Umständen anfälliger für manche Essstörungen. Schließlich können Menschen mit Diabetes niemals so unbeschwert essen wie Menschen mit intaktem Glukosestoffwechsel.1 Darüber hinaus ist die Pubertät – ein Zeitraum, in dem viele Jugendliche mit Typ-1-Diabetes ohnehin mit ihrer Erkrankung auf Kriegsfuß stehen – eine Phase, in der sich das Bild vom eigenen Körper wandelt.2 So erklären Fachleute es sich, dass Menschen mit Diabetes eher zu einem gestörten Essverhalten neigen als die allgemeine Bevölkerung. Essstörungen gelten neben Depressionen und Angststörungen als die häufigsten psychischen Erkrankungen bei Menschen mit Diabetes.3
Mit Diabetes gut durch die Pubertät >
Es gibt viele verschiedene Formen von Essstörungen:
Auch wenn sich die Essstörungen deutlich voneinander unterscheiden, gibt es ein paar Alarmsignale, bei denen Eltern, Angehörige oder Freund:innen von Menschen mit Diabetes stutzig werden sollten. Ein Indiz kann sein, dass diese sich ständig übermäßig mit dem eigenen Essen, dem Körpergewicht und der Figur beschäftigen. Junge Menschen mit Diabetes posten dann z. B. in den sozialen Medien am liebsten Beiträge über Lebensmittel bzw. Nährstoffe, die sie ausschließlich zu sich nehmen. Andere lassen einzelne Mahlzeiten aus oder essen nur noch ausgewählte Lebensmittel. Auch starke Gewichtsschwankungen, Verdauungsstörungen oder häufige Durchfälle können ein Hinweis auf ein gestörtes Essverhalten sein. Wichtig zu wissen: Den meisten Menschen mit Essstörungen ist durchaus bewusst, dass ihr Verhalten ungesund und schädlich ist. Sie versuchen deshalb meist, es vor ihrem Umfeld zu verbergen und scheuen sich, es offen selbst anzusprechen. Deutliche Hinweise gibt das Diabetesmanagement, etwa durch
Eine Essstörung ist eine psychische Erkrankung, die nur selten von allein oder durch gutes Zureden wieder verschwindet. Daher sollten Menschen mit Diabetes mit gestörtem Essverhalten oder ihre Angehörigen nicht zögern, sich ärztliche bzw. psychotherapeutische Hilfe zu suchen. Als geeignete Verfahren gelten die kognitive Verhaltenstherapie, die psychodynamische Psychotherapie, die interpersonelle Psychotherapie und – vor allem bei jungen Menschen, die noch in ihren Familien leben – die Familientherapie.11 Auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psyche kann man per Suchmaske nach Psychotherapeut:innen mit dem Schwerpunkt Diabetes suchen. Da Therapieplätze rar sind und oft erst nach langer Wartezeit zur Verfügung stehen, kann man – zumindest zur Überbrückung, bis ein Einzeltherapieplatz frei ist – auch ein Online-Coaching (im Fachjargon ‚internet- und mobilebasierte Intervention (IMI)‘) erwägen, wie sie von einzelnen Kliniken angeboten werden.
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1 Legenbauer T. et al.: Diabetes mellitus und Essstörungen, S. 236. Fachbuch, 2022 erschienen im DeGruyter Verlag
2 ebd., S. 237
3 Esstörungen bei Diabetes (ohne Datum), siehe https://www.diabetes-news.de/wissen/psychologische-aspekte/essstoerungen[Link zuletzt abgerufen am 31.3.2022]
4 Essstörungen bei Männern (2017), siehe https://www.aerzteblatt.de/archiv/195309/Essstoerungen-bei-Maennern-Nicht-nur-eine-Frauenkrankheit[Link zuletzt abgerufen am 31.3.2022]
5 Legenbauer T. et al.: Diabetes mellitus und Essstörungen, S. 76. Fachbuch, 2022 erschienen im DeGruyter Verlag
6 ebd., S. 84
7 ebd., S. 106
8 Wisting L et al.: Disturbed eating behavior and omission of insulin in adolescents receivin intensified insulin treatment: a nationwide population-based study. Diabetes Care 2013; 31(3): 415–419https://doi.org/10.2337/dc13-0431[Link zuletzt abgerufen am 31.3.2022]
9 Ratgeber Magersucht, Folgen einer Magersucht, siehe https://www.magersucht.net/folgen-einer-magersucht/[Link zuletzt abgerufen am 31.3.2022]
10 Auswirkungen und Folgeprobleme von Bulimia nervosa (Ess-Brechsucht). Informationsportal ‚Neurologen und Psychiater im Netz‘, siehe https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugendpsychiatrie-psychosomatik-und-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/bulimia-nervosa/auswirkungen/[Link zuletzt abgerufen am 31.3.2022]
11 Esstörungen bei Diabetes (ohne Datum), siehe https://www.diabetes-news.de/wissen/psychologische-aspekte/essstoerungen[Link zuletzt abgerufen am 31.3.2022]