Prädiabetes: Die Vorstufe zum Typ-2-Diabetes

Volkskrankheiten sind weltweit auf dem Vormarsch. Dazu zählen beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegsbeschwerden oder Diabetes. Prädiabetes bezeichnet die Vorstufe des Typ-2-Diabetes. In Deutschland ist jede 5. Person im Alter von 18 bis 79 Jahren davon betroffen.1 Was genau das bedeutet und wie Sie Prädiabetes erkennen, erfahren Sie hier.

Ähnlich wie beim Mond kann sich auch Prädiabetes zu einem vollen Diabetes entwickeln.

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Was ist Prädiabetes?

„Prä“ kommt von lateinisch „vor“, entsprechend meint Prädiabetes die Vorstufe zum eigentlichen Diabetes. Die Erkrankung ist zwar noch nicht ausgebrochen, aber die Blutzuckerwerte sind bereits erhöht. Sie liegen über dem Normbereich, aber noch unterhalb der Grenze zur Diagnose Typ-2-Diabetes. In der Medizin heißt es oft auch abnorme Nüchternglukose oder gestörte Glukosetoleranz. In dieser Phase treten in der Regel keine Symptome auf.

Prädiabetes entsteht durch eine verminderte Ausschüttung des Hormons Insulin. Eine Insulinresistenz kann ebenso der Grund sein. Dabei schleust das Insulin den Blutzucker nur noch unzureichend in die Zellen, sodass er im Blut bleibt und den Blutzuckerspiegel erhöht. Als Folge ist der Blutzuckerstoffwechsel gestört.

Ob sich der Prädiabetes zu einem Typ-2-Diabetes entwickelt, können Betroffene in starkem Maße selbst beeinflussen. Jedoch schadet bereits Prädiabetes häufig der Gesundheit. Zunächst zeigt er keine spezifischen Symptome, weswegen er oft im Verborgenen bleibt.

Diagnose: Welche Werte lassen auf Prädiabetes schließen?

Um zu erfahren, ob Sie an Prädiabetes leiden, sollten Sie zunächst Ihre Hausarztpraxis aufsuchen. In der Regel finden dort ein erstes Gespräch und eine körperliche Untersuchung statt. Fragen nach dem Lebensstil oder auch familiärer Veranlagung sind zu klären. Die sichere Diagnose von Prädiabetes erfolgt anhand der Blutzuckermessung. Prädiabetes führt zu auffälligen Blutzuckerwerten. Sie sind höher als normal, liegen aber unterhalb dessen, was als sicher diabetisch gilt. Also genau dazwischen.2



Ärzt:innen sprechen von Prädiabetes, wenn sie eine abnorme Nüchternglukose, eine gestörte Glukosetoleranz oder einen bestimmten Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c) feststellen. Das heißt, es treten bei Prädiabetes erhöhte Glukose-Werte morgens vor dem Frühstück, 2 Stunden nach dem Essen oder im „Blutzuckergedächtnis“ auf (siehe Tabelle unten). Alle 3 Fälle deuten jeweils auf eine abgeschwächte Insulinwirkung hin. Nur die wenigsten zeigen alle 3 Anzeichen zugleich. Um Prädiabetes auf die Spur zu kommen, ist es also erforderlich, Nüchtern-Glukose, Glukose-Toleranz und Langzeit-Blutzucker gleichermaßen untersuchen zu lassen:3

kein Diabetes Prädiabetes Diabetes
"Nüchtern- Glukose-Wert*" "< 100 mg/dl (< 5,6 mmol/l)" "100 – 125 mg/dl (5,6 – 6,9 mmol/l)" "≥ 126 mg/dl (≥7,0 mmol/l)"
"Glukose- Toleranz-Wert*" "< 140 mg/dl (< 7,8 mmol/dl)" "140 – 199 mg/dl (7,8 – 11 mmol/l)" "≥ 200 mg/dl (≥ 11,1 mmol/l)"
"Langzeit- Blutzucker-Wert (HbA1c)*" < 5,7 % 5,7 – 6,4 % ≥ 6,5 %

*Werte im venösen Plasma. Eine gestörte Glukosetoleranz bedeutet, dass Blutzuckerwerte nach dem Essen innerhalb eines gewissen Zeitraums ungenügend sinken, aber noch nicht so hoch sind, dass es sich um Typ-2-Diabetes handelt.

Symptome: Woran erkennen Sie einen Prädiabetes?

Prädiabetes verursacht zunächst keine spezifischen Symptome, weswegen er oft im Verborgenen bleibt. Die Diagnose erfolgt durch die oben genannten Blutwerte.

In manchen Fällen, gerade im fortgeschrittenen Stadium, kann es aber auch zu typischen Anzeichen für Typ-2-Diabetes kommen. Dazu gehören:

  • Polyurie: Den überschüssigen Zucker im Blut versucht der Körper über den Urin loszuwerden. Deswegen müssen Betroffene vermehrt Wasserlassen.
  • Polydipsie: Infolge der erhöhten Harnausscheidung benötigt der Organismus mehr Flüssigkeit. Daher haben Sie öfter Durst und trinken mehr als üblich.
  • Müdigkeit: Bei Prädiabetes fühlen Sie sich häufig erschöpft und müde aufgrund des dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegels. Das Insulin fehlt oder wirkt kaum. Dadurch findet keine Verwertung des Zuckers in den Organen statt.

Wenn Sie solche Symptome bei sich bemerken, wenden Sie sich an Ihre:n Hausärzt:in.

Prädiabetes: Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursache ist in jedem Fall ein gestörter Blutzuckerstoffwechsel. Es gibt jedoch verschiedene Risikofaktoren, die das Auftreten von Prädiabetes und späterem Typ-2-Diabetes begünstigen:

  • Diabetes in der Familie: Wenn enge Verwandte Diabetes haben, erhöht das auch Ihr eigenes Risiko.4 Auch gleiche Lebensgewohnheiten innerhalb einer Familie sind womöglich ausschlaggebend.
  • Übergewicht: Eine Gewichtszunahme wirkt sich auf den Hormonhaushalt aus. Auch das Alter spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Das liegt vermutlich daran, dass häufig Menschen im Laufe ihres Lebens an Gewicht zulegen. Damit verschlechtert sich die Wirkung von Insulin.5
  • Einseitige Ernährung: Nährstoffarmes Essen wie Fast Food, Fertiggerichte oder Süßkram lassen den Blutzuckerspiegel aufgrund von enthaltenem Einfachzucker, rasant in die Höhe schießen und genauso schnell wieder abfallen.6 Dieses Auf und Ab kann zu ungesunden Heißhunger-Attacken führen.
  • Mangelnde Bewegung: Alle Körperfunktionen benötigen Energie. Diese liefert ihnen der Zucker aus dem Blut. Wenn Sie körperlich aktiv sind, verbrauchen bereits Muskelzellen einen Großteil des Zuckers, wodurch Sie Übergewicht vorbeugen.
  • Schwangerschaftsdiabetes: Bei manchen Frauen kommt es aufgrund der Schwangerschaft und den damit verbundenen Hormonumstellungen zu erhöhten Blutzuckerwerten. Über die Hälfte aller Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes erkranken innerhalb von 8 bis 10 Jahren nach der Geburt an Typ-2-Diabetes.7

Wenn bei Ihnen ein oder mehrere Risikofaktoren bestehen, sollten Sie dies ärztlich abklären lassen.

Behandlung und Vorbeugung von Prädiabetes

Menschen mit Prädiabetes sind auf dem halben Weg zum Typ-2-Diabetes. Und schon das Vorstadium hat es in sich, was das Risiko für die typischen Folgeerkrankungen von Diabetes angeht. Es ist wichtig, Prädiabetes möglichst früh zu erkennen und wieder Normwerte anzustreben.

Die Therapie zielt in erster Linie darauf ab, den Übergang von der Vorstufe zum richtigen Diabetes zu verhindern. Die Behandlung erfolgt ohne Medikamente. An oberster Stelle steht die eigene Lebensstilveränderung. Besonders bei Übergewicht sollten Betroffene eine nachhaltige Gewichtsreduktion anstreben. Im Alltag gibt es zudem einiges, was Sie tun können, um Prädiabetes entgegenzuwirken:

1. Genügend Bewegung

Bewegen Sie sich im Alltag so oft, wie es geht – jeder Schritt zählt! Nehmen Sie zum Beispiel lieber die Treppe oder fahren Sie mit dem Fahrrad zur Arbeit. Planen Sie sich mehr Zeit ein und legen Sie, wenn möglich, auch mal Wege zu Fuß zurück.

Häufig sind es die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen. Ein regelmäßiges Training ist besonders effektiv. Kraftsport und Ausdauersportarten sind ideal, um die körperliche Fitness zu verbessern und Übergewicht zu reduzieren.

2. Ausgewogene Ernährung

Ernähren Sie sich abwechslungsreich und sparen Sie an Zucker und Salz. Ballaststoffe wirken sich positiv auf den Blutzuckerstoffwechsel aus.8 Daher sollten Sie ausreichend zu pflanzlichen Produkten wie Obst , Gemüse und Vollkornprodukten greifen. Hülsenfrüchte (zum Beispiel Bohnen, Linsen, Erbsen) erhöhen ebenfalls die Ballaststoffbilanz. In Fleisch- und Wurstwaren finden sich viele versteckte Fette, deshalb diese nur in Maßen verzehren.

Verzichten Sie bei Getränken unbedingt auf Softdrinks, wegen des hohen Zuckergehalts. Durch die kleinen Moleküle des Einfachzuckers, steigt der Blutzuckerspiegel stark an.9 Achten Sie darauf ausreichend zu Trinken. Täglich benötigt der Körper etwa 1,5 Liter, am besten in Form von Wasser oder ungesüßten Tees.10

3. Alkohol nur in Maßen

Alkohol  ist Gift für die Zellen und besitzt einen hohen Kaloriengehalt. Daher beeinflusst er auch die Blutzuckerwerte und kann zudem zu Organschädigungen wie einer Fettleber führen. Gestörte Stoffwechselvorgänge sind die Folge.

4. Rauchen aufgeben

In einer Zigarette stecken viele schädliche Substanzen, die dem Körper schaden. Studien weisen darauf hin, dass Rauchen die Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin verringert und das Risiko, an Typ-2 Diabetes zu erkranken, verdoppelt.11

5. In der Ruhe liegt die Kraft

Stress vermeiden – das ist leichter gesagt als getan. Trotzdem sollten Sie immer wieder für Entspannung in Ihrem Alltag sorgen. Denn auch Stresshormone lassen den Blutzuckerspiegel ansteigen. Gönnen Sie sich und Ihrem Körper regelmäßige Auszeiten.

Entspannungstechniken wie autogenes Training, Muskelrelaxation oder eine Yoga-Einheit sind ebenfalls hilfreich. Oder lieber Waldspaziergänge, Joggen im Park oder Bücher lesen? Sie entscheiden, was Ihnen gut tut!

6. Ausreichend schlafen

Schlafmangel und Schlafstörungen  beeinflussen nicht nur das allgemeine körperliche Wohlbefinden, sondern auch den Blutzuckerspiegel, da sie die Insulinausschüttung beeinträchtigen. Studien zeigen, dass sich Typ-2-Diabetes und Schlafapnoe gegenseitig begünstigen.12

Prognose: Lässt sich Prädiabetes heilen?

Jedes Jahr entwickelt sich bei 5 bis 10 Prozent der Menschen aus der Vorstufe ein gesicherter Diabetes.2 Bei ebenso vielen Personen kommt es aber auch wieder zu einem normalen Zuckerstoffwechsel.13

Eine prädiabetische Phase dauert meist mehrere Jahre. Wer sich in diesem Vorstadium befindet, sollte dennoch schnell handeln. Die Betroffenen haben nicht nur ein deutlich erhöhtes Risiko, an Diabetes zu erkranken, es treten auch häufig Gefäßschäden und die damit verbundenen Folgeerkrankungen (wie Schlaganfall und Herzinfarkt) auf.

Fazit: Wer sich ausreichend bewegt, gesund ernährt und sich von überflüssigen Pfunden verabschiedet, hat gute Chancen, Prädiabetes zu heilen und einen Typ-2-Diabetes zu vermeiden. Die Blutzuckerwerte können sich sogar normalisieren. Es lohnt sich also, die Lebensweise bewusst zu ändern.

FAQs: Häufige Fragen zum Thema Prädiabetes

Oft verursacht Prädiabetes noch keine spezifischen Symptome. Im späteren Verlauf kann es dann zu ähnlichen Anzeichen wie bei Typ-2-Diabetes kommen. Dazu gehören eine vermehrte Harnausscheidung, gesteigertes Durstgefühl sowie Abgeschlagenheit und Müdigkeit.

Ab einem Nüchtern-Glukose-Wert von 100 bis 125 mg/dl, einem Glukose-Toleranz-Wert von 140 bis 199 mg/dl und einem HbA1c (Langzeitwert) von 5,7 bis 6,4 Prozent zählt es als Prädiabetes.3 Die Werte liegen also genau zwischen den Norm- und Diabetes-Werten.

Ein Diabetes-Typ-2 entwickelt sich über viele Jahre.14 Wer aufgrund von Übergewicht und einer ungesunden Lebensweise an Prädiabetes leidet, hat noch gute Chancen zu Normwerten zurück zu kehren. Ein veränderter Lebensstil mit viel Bewegung und gesunder Ernährung ist hierfür nötig.

Quellen

1 Diabetes surveillance - Ergebnisse - Prädiabetes.  Rki.de. Abgerufen am 26. Oktober 2022, von https://diabsurv.rki.de/Webs/Diabsurv/DE/diabetes-in-deutschland/1-03_P…

2 Prädiabetes: Die letzte Chance. Ärztezeitung. Abgerufen am 04. November 2022, von https://aerztezeitung.at/2020/oaz-artikel/medizin/praediabetes-die-letz….

3 Typ-2-Diabetes: Diagnose - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 31. Oktober 2022, von https://www.diabinfo.de/leben/typ-2-diabetes/grundlagen/diagnose.html.

4 Mehnert, H. Kommentar des Experten : Diabetes vererbt sich in Familien. AerzteZeitung.de. Abgerufen am 26. Oktober 2022, von https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Diabetes-vererbt-sich-in-Familien-….

5 Karakelides, H., Irving, B. A., Short, K. R., O’Brien, P., & Nair, K. S. (2009). Age, Obesity, and Sex Effects on Insulin Sensitivity and Skeletal Muscle Mitochondrial Function. Diabetes, 59(1), 89–97. https://doi.org/10.2337/db09-0591.

6 Wie unterscheiden sich Kohlenhydrate voneinander? diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe. Abgerufen am 04. November 2022, von https://www.diabetesde.org/unterscheiden-kohlenhydrate-voneinander.

7 Schwangerschaftsdiabetes: Folgen für die Mutter - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 26. Oktober 2022, von https://www.diabinfo.de/leben/schwangerschaftsdiabetes/risiken-fuer-die….

8 Metternich, K. Ballaststoffe. Abgerufen am 31. Oktober 2022, von https://www.diabetes-online.de/ausprobiert/a/je-mehr-desto-besser-balla….

9 Faller, A., & Schünke, M. (2016). Der Körper des Menschen: Einführung in Bau und Funktion. Thieme Georg Verlag. S.381.

10 Wasser. DGE. Abgerufen am 28. Oktober 2022, von https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/wasser/.

11 Krebsforschungszentrum, D., Scherbaum, W. A., Für Endokrinologie, K., Schaller, K., & Pötschke-Langer, M. Fakten zum Rauchen. Dkfz.de. Abgerufen 26. Oktober 2022, von https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/FzR/FzR_Di….

12 Diabetes und Schlafapnoe. springermedizin.de. Abgerufen am 31. Oktober 2022, von https://www.springermedizin.de/folgeerkrankungen-bei-diabetes-mellitus/….

13 Prädiabetes. Facharztwissen. Abgerufen am 26. Oktober 2022, von https://www.medicoconsult.de/praediabetes/.

14 Redaktion: BMBF LS5 Internetredaktion. Subtypen bei Vorstufe des Diabetes entdeckt - DLR Gesundheitsforschung. Deutsche Zentrum Für Luft Und Raumfahrt e.V. - DLR Gesundheitsforschung. Abgerufen am 04. November 2022, von https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/subtypen-bei-vorstufe-des-d….