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Fast Food auf einem Tisch: Macht Fett wirklich dick?

Ernährungs-Mythos auf dem Prüfstand: Macht Fett wirklich dick?

Menschen mit Diabetes, die auf ihr Gewicht achten sollten, wird üblicherweise eine fettarme Ernährung empfohlen. Doch mittlerweile warnen etliche Experten, dass nicht so sehr das Nahrungsfett, sondern vor allem zu viele Kohlenhydrate für ungesunde Extrakilos verantwortlich sind.

Fett macht fett“ – ein Satz, der auf den ersten Blick logisch und nachvollziehbar klingt. Tatsächlich prägte er in den vergangenen Jahrzehnten die meisten Ernährungsempfehlungen für Menschen, die abnehmen möchten. So rieten wissenschaftliche Fachgesellschaften Menschen mit Diabetes 2005 noch, dass möglichst maximal 35 Prozent ihrer Kalorienzufuhr aus Fett stammen sollten. Bei Übergewicht sollten es sogar maximal 30 Prozent sein. Auch beim Nahrungseiweiß empfahlen die Experten Zurückhaltung. Demgegenüber sollten 45 bis 65 Prozent der Nahrungskalorien aus Kohlenhydraten stammen.1 An diesen Empfehlungen orientierte sich in der Regel auch die Ernährungsberatung für Menschen mit Diabetes. Die Botschaft lautete: Viele Getreideprodukte und Kartoffeln, mindestens fünf Handvoll Obst und Gemüse am Tag, wenig Fleisch, bei Milchprodukten lieber fettreduzierte Varianten, dann lässt sich das Gewicht leichter in Schach halten und auch das Risiko für Folgeerkrankungen sinkt.

Fett ist nicht der Killer, für den man es lange gehalten hat

Doch mittlerweile mehren sich die Stimmen, die nicht mehr Fett als den entscheidenden Dick- und Krankmacher sehen, sondern Kohlenhydrate. Besonders große Wellen schlug die sogenannte PURE-Studie, die 2017 im renommierten Fachjournal Lancet veröffentlicht wurde.2 Darin hatte sich gezeigt, dass Menschen ein höheres Sterberisiko hatten, wenn sie besonders viele Kohlenhydrate zu sich nahmen. Wer sich fettreicher ernährte, hatte hingegen ein geringeres Sterberisiko.

Außerdem stellten die Forscher fest, dass die Fettzufuhr nicht in Verbindung stand mit gefährlichen Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankung, Herzinfarkt oder Tod infolge einer Schädigung von Herz oder Gefäßen. Für die Studienautoren war damit klar: Die weltweiten Ernährungsempfehlungen gehören auf den Prüfstand, denn Fett ist nicht der Killer, für den man es lange gehalten hat.

Lieber einen großen Bogen um zu viele Kohlenhydrate machen

Auch immer mehr Ärzte und Diabetologen empfehlen ihren Patienten inzwischen, sich lieber kohlenhydratreduziert als fettarm zu ernähren.3 Sie haben in den vergangenen Jahren zum einen beobachtet, dass die Menschen mit den bisherigen Ernährungsempfehlungen eben nicht schlanker und gesünder, sondern im Gegenteil eher dicker und kränker geworden sind.

Menschen mit Diabetes fällt es außerdem schwerer, ihre Glukosewerte im Zaum zu halten, wenn sie bei Brot, Nudeln, Kartoffeln und Reis ordentlich zugreifen und dafür einen großen Bogen um fetthaltige Lebensmittel machen. Umgekehrt verbessern sich die Langzeitblutzuckerwerte (HbA1c), wenn Menschen mit Typ-2-Diabetes Kohlenhydrate meiden und stattdessen großzügiger mit Fetten umgehen.

Manche Forscher sind sogar der Überzeugung, dass gesättigte Fettsäuren, wie sie in rotem Fleisch, Butter, Käse und anderen fetten Milchprodukten sowie Kokos- oder Palmöl enthalten sind, nicht mehr verteufelt werden sollten.4 Wer weniger Kalorien aus Kohlenhydraten und dafür mehr aus Fetten zu sich nimmt, bei dem purzeln die Pfunde. Die meisten Menschen mit Diabetes – sofern sie Insulin spritzen – benötigen bei dieser Ernährungsform außerdem deutlich weniger Insulin als zuvor, weil ihre Körperzellen rasch viel empfindlicher auf Insulin reagieren.5

Fruchtzucker im Visier der Ernährungsexperten

Anstelle von Fett haben die Experten neuerdings also Kohlenhydrate im Visier – und hier insbesondere einfache Zucker, wie er für Süßigkeiten verwendet wird, und Fruchtzucker (Fruktose), wie er natürlicherweise in Früchten vorkommt.6 Natürlich gilt Obst wegen seines hohen Gehalts an Vitaminen und Ballaststoffen weiterhin als gesund – doch vor allem bei Fruchtsäften sollte man es nicht übertreiben. Immerhin entspricht bereits ein halber Liter Orangensaft einer Menge von 17 Stück Würfelzucker und damit der von der Weltgesundheitsorganisation und der Deutschen Diabetes Gesellschaft empfohlenen maximalen Zuckerzufuhr von 50 Gramm pro Tag für einen durchschnittlichen Erwachsenen.

Darüber hinaus weiß man, dass der Körper gerade Fruchtzucker bevorzugt in der Leber speichert. Dies kann zu einer gefährlichen Verfettung der Leber führen. Fachleute sprechen hierbei von einer nicht-alkoholischen Fettleber, die das Organ ähnlich schädigen kann wie übermäßiger Alkoholkonsum.7

Praktische Tipps zur Ernährungsumstellung

Für Menschen mit Diabetes, die bislang große Mengen an Insulin benötigen und außerdem ein paar Kilos zu viel auf den Rippen haben, ist eine Ernährungsumstellung einen Versuch w ert:

  • Kohlenhydrate reduzieren: Man muss Nudeln und Co. ja nicht gleich ganz vom Teller verbannen. Wer Spaghetti Bolognese mag, kann zum Beispiel probieren, nur die Hälfte der gewohnten Nudelration zu kochen und dafür mehr Sauce zu essen. Beim Frühstück gelingt die Umstellung vielleicht, indem man eine Scheibe Brot weniger isst und den Bauch stattdessen mit frischen Tomaten und Paprikastreifen füllt.
  • keine Angst vor Fett: Fett ist ein wichtiger Geschmacksträger. Kein Wunder also, dass Essen besser schmeckt, wenn es mit einem Schuss Olivenöl oder einem Klecks Butter verfeinert wurde. Diese Fette machen nicht unbedingt krank, dürfen beim Kochen also gern verwendet werden.
  • Maß halten bei Fruchtzucker: Ein Apfel ist auch nach den neuen Empfehlungen immer noch ein gesunder Snack. Als Faustregel kann man sich aber merken, lieber das Obst selbst zu essen, anstatt es in Form von Saft zu sich zu nehmen. Denn anders als Saft füllt Obst den Magen aus, man isst also automatisch nicht zu viel davon und nimmt damit auch nicht zu viel Fruchtzucker auf.
  • Vorsicht bei Insulinanpassung: Erfahrungsgemäß reagieren die Körperzellen bei einer solchen Ernährungsumstellung schnell deutlich empfindlicher auf Insulin. Menschen mit Diabetes, die Insulin spritzen, benötigen dann entsprechend weniger Insulin. Sie sollten ihre Zuckerwerte daher möglichst engmaschig beobachten und die Insulindosis rechtzeitig anpassen, um Unterzuckerungen zu vermeiden. Am besten sollte man sich vorher mit seinem Diabetesteam absprechen.

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Quellen

1 Toller et al.: Evidenz-basierte Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus, 2005, siehe: https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/EBL-Ernaehrung.pdf [Zuletzt abgerufen am 19.05.2021].

2 Dehghan, M. et al.: Associations of fats and carbohydrate intake with cardiovascular disease and mortality in 18 countries from five continents (PURE): a retrospective cohort study., lancet 2017; 390: 2050–2062, siehe: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(17)32252-3.

3 Lenzen-Schulte, M.: Gegen Diabetes und Adipositas: Dein Freund, der Ketonkörper, Deutsches Ärzteblatt 2018; 115 (41): 1810–1815, siehe: https://www.aerzteblatt.de/archiv/201673/Gegen-Diabetes-und-Adipositas-Dein-Freund-der-Ketonkoerper [Zuletzt abgerufen am 02.08.2021]

4 Holstein, T.: Ernährung: Gesättigte Fette nicht verteufeln, Deutsches Ärzteblatt 2021; 118 (7): 359–361, siehe: https://www.aerzteblatt.de/archiv/217927/Ernaehrung-Gesaettigte-Fette-nicht-verteufeln [Zuletzt abgerufen am 19.05.2021].

5 Hallberg, S. et al.: Effectiveness and Safety of a Novel Care Model for the Management of Type 2 Diabetes at 1 Year: An Open-Label, Non-Randomized, Controlled Study. Diabetes Ther 2018; 9 (2): 583–612, siehe: www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6104272/pdf/13300_2018_Article_373.pdf [Zuletzt abgerufen am 19.05.2021]

6 Stricker, S. et al.: Fructosekonsum – freie Zucker und ihr Einfluss auf die Gesundheit, Deutsches Ärzteblatt 2021; 118 (5): 71–78, siehe: https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=217599 [Link zuletzt abgerufen 19.05.2021]

7 Nichtalkoholische Fettlebererkrankung, DocCheck Flexikon , siehe: https://flexikon.doccheck.com/de/Nichtalkoholische_Fettlebererkrankung [Link zuletzt abgerufen 19.05.2021]

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